Ärztestopp: Kantone sollen Grenzen pro Fachgebiet festlegen können

Der Bundesrat legt einen Drei-Punkte-Plan zur Ärztezulassung vor – mit höheren Anforderungen und Wartefristen. Und mit mehr Macht für die Kantone.

, 5. Juli 2017 um 12:33
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Der Bundesrat legt eine neue Lösung vor, um die Zulassung der Ärzte zulasten der Grundversicherung zu regeln. Das neue Konzept setzt auf drei Handlungsebenen an – Qualifikation, Wartefrist, kantonale Obergrenzen. Was heisst dass konkret? 

1. Neue Qualifikations-Anforderungen

Der Bundesrat will die Voraussetzungen für die ärztliche Berufsausübung in der Ausbildung und Qualifikation verschärfen. Seine Vorlage enthält zusätzliche Qualitätskriterien, die für die Ärzte verbindlich sein sollen – und zwar für die neuen wie auch für die bereits zugelassenen Mediziner.
Konkret müssen sich die Ärzte beispielsweise an Programmen zur Verbesserung der Leistungsqualität, an Fehlermeldesystemen oder an der Datenlieferung beteiligen. Es sei Sache der Versicherer, die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen, teilt die Regierung mit.

2. Wartefrist von bis zu zwei Jahren

Weiter sieht das geplante Gesetz vor, dass der Bundesrat von Ärzten vor Eröffnung einer eigenen Praxis eine Wartefrist fordern kann. Denkbar sei etwa eine Frist von zwei Jahren nach Beendigung der Aus- und Weiterbildung. Zugleich könnte die Regierung eine Prüfung über die Kenntnisse des Schweizer Gesundheitssystems fordern.
Allerdings: Diese wird nicht als notwendig erachtet, wenn ein Arzt eine zweijährige praktische Tätigkeit in der Schweiz nachweisen kann.

  • Zur Mitteilung des Bundesrates: «Neues System zur Zulassung von Ärztinnen und Ärzten», 5. Juli 2017.

Neben qualitativen Argumenten soll diese Frist auch in einem entscheidenden Punkt helfen – nämlich «den Zustrom von Ärztinnen und Ärzten (zu) regulieren, die eine eigene Praxis eröffnen wollen», so die Mitteilung aus Bern.

3. Ein Hebel für die Kantone

In einen dritten Punkt gibt der Bund den Kantonen einen frischen Hebel in die Hand: Heute legt der Bundesrat die Höchstzahlen der pro Fachgebiet zugelassenen Mediziner fest – dereinst sollen die Kantone die Zulassung selber steuern, also Höchstzahlen pro Fachgebiet festlegen können.
Allerdings sei «der Beschäftigungsgrad der Ärztinnen und Ärzte zu berücksichtigen, da immer mehr unter ihnen Teilzeit arbeiten», so ein in der Bundes-Mitteilung geäusserter Wunsch.

«Bei einem massiven Kostenanstieg in einem Fachgebiet können die Kantone die Zulassung sämtlicher neuer Ärzte blockieren»

Auch diesen dritten Schritt erklärt der Bundesrat mit der Kostenkontrolle.
Speziell bemerkenswert: Die Obergrenzen pro Fachgebiet gelten für alle im ambulanten Bereich tätigen und Ärzte eines Kantons – unabhängig davon, ob sie ihren Beruf selbständig ausüben oder nicht. «Bei einem massiven Kostenanstieg in einem Fachgebiet können die Kantone die Zulassung sämtlicher neuer Ärzte blockieren», so die Vorlage.
Bei der Festlegung der Höchstzahlen pro Fachgebiet müssen sich die Kantone auf die Daten der Leistungserbringer und der Versicherer stützen. Die Kantone müssen sich auch untereinander koordinieren, damit die Mobilität der Patienten berücksichtigt wird, die ausserhalb ihres Wohnkantons einen Arzt aufsuchen.
Gesucht: Langfristige Lösung für die ambulante Versorgung
Das neue Paket zur Ärztezulassung gelangt ab heute in die Vernehmlassung. Die Umsetzung ist für 2019 geplant. Im Hintergrund steht, dass das Parlement Ende 2015 eine definitiven Verankerung der Zulassungssteuerung im Gesetz ablehnte.
Im Juni 2016 verabschiedete es dann eine weitere Übergangslösung – beziehungsweise die Verlängerung des alten Systems –, gültig bis Sommer 2019. Zudem erteilte es dem Bundesrat den Auftrag, eine langfristige Lösung zu finden. Ziel dabei: Gewährleistung einer guten medizinischen Versorgung, bei gleichzeitiger Eindämmung des Kostenanstiegs.
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