Sie wollen die Rehabilitation von Menschen mit schweren neurologischen Erkrankungen verbessern – etwa Multiple Sklerose, Schlaganfall oder Rückenmarksverletzungen. Deshalb untersuchen Forscher, warum die Patienten das Gefühl haben, dass ihr Körper und ihr Gehirn voneinander getrennt seien.
Ihr Projekt heisst
BB-REBUS, abgekürzt für: «Brain-Body factors mediating altered Bodily representations in multiple pathological conditions. Es soll die veränderte Körperwahrnehmungen bei verschiedenen neurologischen Krankheiten aufzeigen, indem die Wechselwirkungen zwischen Gehirn und Körper untersucht werden.
«Körperfremde Gliedmassen»
Das Gefühl, dass Körper und Gehirn getrennt sind, behindert oft die Rehabilitation der Patienten. Das wurde bisher aber oft unterschätzt. Viele Patienten berichten von Gefühlen wie «gefrorenen», «nicht vorhandenen», «ausser Kontrolle geratenen» oder sogar von «körperfremden Gliedmassen». Diese Erfahrungen werden oft als «unsichtbare Symptome der Krankheit» bezeichnet. Eine Aufklärungskampagne der italienischen Gesellschaft für Multiple Sklerose zeigt, wie Patienten solche
Symptome empfinden.
Diese Störungen können ein grosses Hindernis für die Rehabilitation und die Wiedererlangung der Selbstständigkeit sein.
Michela Bassolino koordinidert
BB-REBUS wird von der Schweiz aus koordiniert von Michela Bassolino, Professorin an der Walliser Fachhochschule für Gesundheit (HES-SO Valais). Das Projekt vereint ein Konsortium von europäischen Partnern. Dazu gehören die Professoren Andrea Serino (CHUV - Universität Lausanne, Schweiz), Devrim Unay (ZOI Data, Izmir, Türkei), Cristina Becchio (UKE Hamburg), Valentina Moro (IRCCS, Verona) und Kamil Jonak (Technische Universität Lublin).
Es sind Fachleute aus den Bereichen Neurowissenschaften, Neurorehabilitation, Neuroimaging, Neurophysiologie, Computermodellierung und Bewegungsanalyse.
Was der Körper spürt... oder nicht mehr spürt
Das Projekt zielt darauf ab, Veränderungen der Körperwahrnehmung, die in der klinischen Praxis noch zu oft ignoriert werden, zu identifizieren, zu verstehen und zu messen. Die Erkenntnisse sollen dann in therapeutische Ansätze integriert werden, heisst es in der Mitteilung der HES-SO Valais-Wallis.
Diese Abbildung veranschaulicht die wichtigsten Schritte des Projekts: Charakterisierung der Patienten (AP1), spezifische Analysen (AP2), Modellierung gemeinsamer Merkmale und Unterschiede von Krankheiten (AP3). | BB-REBUS
BB-REBUS wird die Häufigkeit, die Entwicklung und die Mechanismen dieser Veränderungen in Verbindung mit sensorischen, motorischen, kognitiven und neuronalen Faktoren analysieren. Zu diesem Zweck stützt sich das Projekt auf eine dreiteilige Methodik:
- Breite Charakterisierung von Störungen,
- Erweiterte Phänotypisierung,
- Analysen durch maschinelles Lernen.
Stärker personalisierte Pflege
Die gesammelten Daten sollen es ermöglichen, die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten zu finden. BB-REBUS soll die Grundlage für personalisierte Rehabilitationsstrategien schaffen, die nicht nur den physischen Körper berücksichtigen, sondern auch die Art und Weise, wie dieser von den Patienten und Patientinnen wahrgenommen wird.
Patientinnen und Patienten, ihre pflegenden Angehörigen sowie Gesundheitsfachkräfte werden bereits in den frühen Phasen des Projekts einbezogen, damit die Forschung in der klinischen Realität verankert werden kann und eine bessere Übertragbarkeit der Ergebnisse gewährleistet ist.
Finanziert wird das Projekt von der europäischen Neuro-Forschungsförderung Era-Net-Neuron mit der Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds.