Neuer Wundverband soll die Heilung revolutionieren

Ein Forschungsteam der Empa und des MIT entwickelt einen Wundverband, der Biofilme in chronischen Wunden zerstört.

, 3. November 2023 um 06:31
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Gute Bakterien für böse Wunden: Empa-Forschende entwickeln innovativen Verband. | zvg
Forschende der Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa haben in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen neuen Wundverband entwickelt. Dieser fördert mit Hilfe von probiotischen Milchsäurebakterien die Heilung von chronischen, keimbelasteten Wunden.
Diese «guten Bakterien» sollen hartnäckige Biofilme in der Wunde zerstören. Während sich normale Wunden in der Regel innerhalb weniger Wochen schliessen, können chronische Wunden ein ernsthaftes Gesundheitsproblem darstellen. Sie heilen oft nicht richtig, weil sich gefährliche Keime in den Wunden ansiedeln und schützende Biofilme bilden. Herkömmliche Antibiotika und Desinfektionsmittel sind oft nicht wirksam, da sie die Keime nicht erreichen.
  • Zhihao Li, Sixuan Zhang, Flavia Zuber, Stefanie Altenried, Ana Jaklenec, Robert Langer, Qun Ren: «Topical application of Lactobacilli successfully eradicates Pseudomonas aeruginosa biofilms and promotes wound healing in chronic wounds», in: «Microbes and Infection», Juli 2023. doi.org/10.1016/j.micinf.2023.105176
Die Forschenden, darunter Qun Ren und Zhihao Li von der Empa-Abteilung «Biointerfaces» in St. Gallen, verwendeten für den Wundverband lebende Milchsäurebakterien. Diese probiotischen Milchsäurebakterien sind bereits als nützliche Bakterien im menschlichen Darm und bei der Herstellung von Lebensmitteln wie Joghurt und Käse bekannt. Die Laktobazillen erzeugen durch die Produktion von Milchsäure ein saures Milieu, das den pH-Wert in chronischen Wunden in die richtige, saure Richtung verschiebt. Dies fördert die Wundheilung und lockt erwünschte Zellen an, die zur Regeneration beitragen.
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Die probiotischen Bakterien wurden in eine Wundauflage integriert, um chronische Wunden vor weiteren Infektionen zu schützen. Die Wundauflage ermöglichte es den Bakterien, kontrolliert Milchsäure in die Wunde abzugeben. Labortests zeigten, dass das Material mit den integrierten Milchsäurebakterien einen typischen Biofilm aus Krankheitserregern in einer Kulturschale erfolgreich zerstören konnte.
In einem dreidimensionalen Modell einer menschlichen Hautwunde reduzierte die Bio-Wundauflage die Zahl der pathogenen Keime um 99,999 Prozent. Zudem zeigte sich, dass die probiotischen Bakterien von menschlichen Hautzellen gut vertragen werden und die Produktion von Botenstoffen des Immunsystems anregen. Dieser vielversprechende «Proof of Concept» könnte den Weg für den Einsatz probiotischer Bakterien zur Förderung der Wundheilung in lebenden Wundauflagen ebnen. Weitere Analysen werden den genauen Wirkmechanismus und das Potenzial dieser «guten» Bakterien für die medizinische Praxis klären.
Zur Mitteilung der Empa

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