Wer im Kanton Bern einen Arzttermin im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie / Psychotherapie, Hausarztmedizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie in der Dermatologie braucht, hat es schwer.
Besonders in diesen fünf Fachgebieten bestehe laut einer Umfrage der Ärztegesellschaft Bekag eine Unterversorgung, die sich in den letzten Jahren akzentuiert hat.
Der Co-Leiter der Analyse, Sven Streit, hält fest: «Wir beobachten, dass die aktuell am stärksten von einer Unterversorgung betroffenen Fachgebiete bereits seit zehn Jahren einen negativen Trend aufweisen. Es kann also nicht von einer Überraschung gesprochen werden, dass sich die Unterversorgung bei Psychiatern, bei Haus- und bei Kinderärzten zuspitzt.»
Nun seien die Ärzteschaft und die Politik gefragt, das Problem gemeinsam anzugehen.
Engpässe weiten sich aus
In den letzten Jahren zeichnen sich zudem auch in den Fachgebieten Endokrinologie / Diabetologie, Gynäkologie und Rheumatologie vermehrt Engpässe ab. In diesen Fachgebieten stellen über 30 Prozent der Befragten eine Unterversorgung bei der Berner Ärzteschaft fest.
Die Einschätzungen der Mediziner haben sich über die Jahre als zutreffend erwiesen und dienen als Frühwarnsystem für die Ärzteschaft und die Politik, heisst es vom Bekag.
Dazu Co-Präsident Rainer Felber: «Der Fachkräftemangel speziell im ärztlichen Bereich der Grundversorgung, zunehmend aber auch im Bereich anderer Fachgebiete, wird mit unserer Umfrage einmal mehr dokumentiert. Wir sehen eine Verschärfung, die ohne Massnahmen unweigerlich die medizinische Versorgung der Bevölkerung gefährdet». Dieser Entwicklung müsse entgegengetreten werden.
Auf der anderen Seite der Skala stehen Fachgebiete, die über Jahre hinweg stabil genügend gut versorgt sind: So die orthopädische Chirurgie, die allgemeine Chirurgie, Kardiologie, Radiologie und Angiologie.
Massnahmen
Wichtige Massnahmen zur Förderung der Aus- und Weiterbildung laufen bereits – etwa die Erhöhung der Anzahl Studienplätze in der Humanmedizin oder das Programm Praxisassistenz des Kantons Bern.
Laut Bekag müssten diese Anstrengungen aber deutlich intensiviert und auf andere Fachdisziplinen ausserhalb der Grundversorgung ausgedehnt werden. Dies könnte im Kanton Bern unter anderem im Rahmen der Neufinanzierung der ärztlichen Weiterbildung geschehen.
Seit 2013 führt die Bekag alle zwei Jahre eine Befragung bei den praktizierenden Berner Ärzten durch. Sie werden gefragt, wie sie die Versorgungssituation in den verschiedenen Fachgebieten im Kanton Bern beurteilen: Sind wir «überversorgt», «ausreichend versorgt» oder «unterversorgt»?
Die schriftliche Umfrage wird elektronisch durchgeführt. In der Erhebung 2023 haben insgesamt 786 Ärzte aus 24 verschiedenen Fachgebieten teilgenommen.