Angehörigenpflege braucht rechtliche Klarheit

Ein Gutachten des Rechtsanwalts Andreas Faller liefert die Grundlage für eine politische Offensive: Der Bund müsse endlich handeln, um die Angehörigenpflege rechtlich abzusichern.

, 5. August 2025 um 04:53
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Andreas Faller von Mitte 2010 bis Ende 2012 Vizedirektor beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Bild: zvg
«Die Angehörigenpflege ist in aller Munde. Es wird viel geschrieben und debattiert, viele Halbwahrheiten sind im Umlauf», schreibt die Association Spitex privée Suisse ASPS in einer Medienmitteilung.
Welche Halbwahrheiten genau gemeint sind, bleibt die ASPS bis Redaktionsschluss schuldig.

Notwendig und wichtig

Das Versorgungsmodell Angehörigenpflege sei gut, notwendig und wichtig für die Versorgung der alternden Bevölkerung und für die Bekämpfung des Fachkräftemangels, steht im Communiqué.
Beigelegt ist ein Positionspapier, in dem Regeln von Bund und subsidiär von den Kantonen gefordert wird (siehe Kasten).
Als Grundlage dient ein Gutachten von Rechtsanwalt Andreas Faller, der von Mitte 2010 bis Ende 2012 beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) als Vizedirektor den Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung leitete. Heute ist Faller unter anderem VR-Präsident der Spitex Limmat Aare Reuss AG.

Lobbyisten am Pranger

Anlass dieser Medienmitteilung dürfte ein Artikel im SonntagsBlick sein, in dem auch die Lobby-Arbeit der Spitex-Organisation Pflegewegweiser angeprangert wird, Medinside berichtete hier darüber.
Sie wird angeblich tatkräftig unterstützt von der Lobby-Organisation Farner, die - nebenbei gesagt - auch die Interessen des umstrittenen USZ-Herzchirurgen Francesco Maisano vertrat. Gemäss SoBli lassen sie nichts unversucht, allfällige «Einschränkungen im lukrativen Geschäftsmodell der Angehörigenpflege zu verhindern».

Zentraler Pfeiler

Gemäss der ASPS ist die Angehörigenpflege ein zentraler Pfeiler der Gesundheitsversorgung. Der politische und rechtliche Stillstand sei aber nicht länger tragbar. «Die unterschiedlichen Auslegungen in Kantonen und bei Versicherern verunsichern Organisationen, Angehörige und Patientinnen gleichermassen und behindern die Weiterentwicklung dieser Versorgungsform», steht in der Medienmitteilung.
Darum fordert die ASPS Bund, Kantone, Versicherer und Leistungserbringer auf, jetzt zu handeln.

Die 7 Forderungen der ASPS Sachlicher Diskurs: Schluss mit Pauschalkritik und medialen Schlagworten. Wir brauchen eine faktenbasierte, lösungsorientierte Debatte.
Statistische Erfassung: Einführung einer eigenen Kategorie «Grundpflege durch Angehörige» in den offiziellen Statistiken des Bundesamts für Statistik.
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Klare und für alle Kantone einheitliche Definition auf Bundesebene, wer Angehörigenpflege zulasten der OKP erbringen darf. Als Übergangslösung sollen die Kantone zeitnah Regeln definieren.
Anwendung Arbeitsgesetz: Verbindliche Anwendung des Arbeitsgesetzes. Das SECO muss klare Vorgaben zu Arbeits- und Ruhezeiten sowie Anstellungsbedingungen schaffen.
Operationalisierung: Präzisierung der WZW-Kriterien im Dialog zwischen Leistungserbringern und Versicherern.
Qualität: Angehörigenpflege muss denselben Qualitätsstandards genügen wie die klassische Spitex. Die Kantone haben die Qualität zu überwachen.
Finanzierung: Berechnungsbasis für die Restfinanzierung müssen Kostenrechnungen nach dem Finanzmanual von Spitex Schweiz und ASPS sein, separat ausgewiesen und unabhängig von der klassischen Spitex.

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