Das Riesen-Geschäft mit Geschlechtsumwandlungen

Spezialisierte Kliniken können auf hohe Einnahmen zählen: Immer mehr Jugendliche wollen ihr Geschlecht ändern.

, 13. September 2023 um 05:27
letzte Aktualisierung: 17. April 2024 um 08:46
image
Eine Transperson mit «Transgender-Narbe», die von der Entferung der Brüste stammt. | Freepik
360 Operationen zur Geschlecht-Umwandlung verzeichnete das Bundesamt für Statistik im Jahr 2021. Das tönt nach wenig. Aber die Zahlen betreffen nur die öffentlichen Spitäler.
Derweil widmen sich etliche Privatkliniken dem Geschäft mit den Brustentfernungen, Penisamputationen und Vaginakonstruktionen. Wie oft? Das weiss niemand.
Doch dass es sich dabei um ein einträgliches Geschäft mit hohen Wachstumsraten handelt, zeigte unlängst ein Artikel in der deutschen Zeitschrift «Emma». Die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen, die sich laut Umfragen als transgender bezeichnen, steigt. Und es gibt immer mehr Vereinigungen, welche Hormon-Therapien und Operationen befürworten.
Diese setzen sich auch dafür ein, dass Geschlechtsumwandlungen von den Krankenkassen bezahlt werden.

Vor allem Brustentfernungen

Besonders lukrativ sei der Markt der Mädchen, die zu Jungen werden wollen: Schätzungen sehen 73 Prozent der Gewinne in diesem Bereich. Die Tatsache, dass Kliniken auf Mastektomien (Brust-Entfernungen) und Hysterektomien (Gebärmutter-Entfernungen) spezialisiert sind, werde das Marktwachstum weiter ankurbeln.

Kantonsspital Zug auf Tiktok

In der Schweiz wirbt unter anderem die Daverio-Transsurgery-Group für ihre Geschlechtumwandlungs-Operationen. Gründer des Unternehmens ist der Elsässer Arzt Paul Jean Daverio. Laut seinen Angaben hat er mehr als 1000 Frauen zu Männern und mehr als 400 Männer zu Frauen gemacht. Er operiert im Kantonsspital Zug. Dieses gilt in Transgender-Foren mittlerweile als die Schweizer Anlaufstelle.
Zu Daverios Team gehört eine Ärztin, die auf Tiktok international bekannt und für ihre «top surgery» weiterempfohlen wurde. Ihre Website mastektomie.ch (Brustentfernung) führt direkt zu ihrer Praxis-Website in Zürich.

Zwei Jahre Beobachtung nötig

Auch die Zürcher Privatklinik Ocean wirbt mit Transgender-Operationen. Wer die Kosten für diese Operationen übernehmen muss, ist umstritten.
image
Werbung der Privatklinik Ocean | Website
In der Schweiz müssen die Krankenkassen «bei echtem Transsexualismus» bezahlen – unter der Bedingung, dass «nach Durchführung eingehender psychiatrischer und endokrinologischer Untersuchungen und nach mindestens zweijähriger Beobachtung vom 25. Altersjahr hinweg die Diagnose gesichert ist und der Eingriff im konkreten Fall die einzige Behandlungsmethode darstellt, mit welcher der psychische Zustand der versicherten Person bedeutend verbessert werden kann.»
Die Daverio-Transsurgery-Group hat festgestellt: «Bei einer Vielzahl unserer Patienten gelingt eine Übernahme.» Auch ausländische Patienten können als Selbstzahler operiert werden. In den Foren ist die Rede von etwa 18'000 Franken.

Zu kurze Nachbeobachtung

Die Online-Zeitung «Infosperber» kritisiert die Geschlechtsumwandlungen, insbesondere bei Jugendlichen. Unfruchtbarkreit, beeinträchtigte Libido und Schmerzen könnten unerwünschte Folgen sein.
Oft sei auch die Zeitspanne von Studien zum Erfolg von Trans-Behandlungen zu kurz. Solche Studien seien «nicht sehr aussagekräftig», weil sie die Spätschäden nicht erfassten.
Um korrekt zu ermitteln, wie viele Transmenschen die Behandlung später abbrechen und wieder zurück ins frühere Geschlecht wechseln möchten, bräuchte es anstatt ein bis zwei Jahre Nachbeobachtungszeit eine Nachbeobachtung von fünf bis zehn Jahren.
Bereits befasst sich die Wissenschaft auch mit «De-Transition», dem Rückgängigmachen der Geschlechtsumwandlung.

  • ärzte
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

«Schauen Sie genau, wen Sie heiraten – das meine ich ernst.»

Seilschaften, starre Regeln und intransparente Gehälter bremsen Frauen auf dem Weg zur Chefarztposition. Rückhalt daheim ist entscheidend – und Teilzeit ist problematisch: Das sagt Susanne Renaud, Chefärztin Neurologie am Spital Neuenburg.

image

«Als Arzt nach Deutschland – warum nicht?»

Für Schweizer Assistenzärzte kann die Arbeit an einem deutschen Krankenhaus interessant sein. Die Nachfrage steige, sagt Martin Werner von DocsGoSwiss im Kurzinterview.

image

Zwei neue Ärztinnen in Hasliberg

Ab 1. Mai 2025 verstärken Dr. med. Stefanie Zahner-Ulrich und Dr. med. (SRB) Sonja Krcum Cvitic das Team der Rehaklinik Hasliberg. Mit ihren fundierten Erfahrungen in Allgemeiner Innerer Medizin bzw. Physikalische Medizin und Rehabilitation erweitern sie gezielt die medizinische Kompetenz der Klinik

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

image

Münchner Arzt vor Gericht wegen Sex während Darmspiegelung

Ein Arzt soll während Koloskopien 19 Patientinnen sexuell missbraucht haben. Er sagt, die Vorwürfe seien erfunden und eine Intrige.

image

Pflege- und Ärztemangel: Rekordwerte bei offenen Stellen

Die Gesundheitsbranche bleibt führend bei der Suche nach Fachkräften. Laut dem neuen Jobradar steigen die Vakanzen in mehreren Berufen wieder – entgegen dem allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.