Bakterienjagd in Basel: Team des USB findet zahlreiche unbekannte Keime

Basler Mikrobiologen sammelten und bestimmten 35 zuvor unbekannte Bakterien. Sieben davon erscheinen klinisch relevant.

, 8. Januar 2024 um 11:05
image
Bild: Sylvia Suter, Unispital Basel
Forscher der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel haben seit 2014 Patientenproben mit unbekannten Keimen systematisch gesammelt und untersucht. Wie das Team nun in «BMC Microbiology» berichtet, fanden sie mittlerweile über dreissig neue Bakterienarten.
Insgesamt nahm die Gruppe um den Mikrobiologen Daniel Goldenberger 61 unbekannte bakterielle Keime aus Blut- oder Gewebeproben auf. Das heisst: Die konventionellen Labormethoden hatten keinen Treffer geliefert. Und so sequenzierten die Wissenschaftler das gesamte Erbgut dieser Bakterien. Die ermittelten Genomsequenzen glichen sie dann – mithilfe eines Online-Tools – mit bereits bekannten Bakterienstämmen ab.
Resultat: 35 der 61 Bakterien waren bisher nicht bekannt; bei den restlichen Stämmen waren die Genomsequenzen erst seit Kurzem in Datenbanken abgelegt, oder diese Keime waren erst kürzlich korrekt taxonomisch beschrieben worden.
Sieben der 35 neuen Stämme erwiesen sich als klinisch relevant. Der grösste Teil der neu identifizierten Arten gehört zu den Gattungen Corynebacterium und Schaalia. «Viele Arten aus diesen beiden Gattungen finden sich im natürlichen menschlichen Mikrobiom der Haut und der Schleimhäute», sagt Daniel Goldenberger: «Sie werden deswegen häufig unterschätzt und sind wenig erforscht.»

Pseudoclavibacter triregionum

Klinisch bedeutsam könnte ein Keim sein, der aus dem entzündeten Daumen eines Patienten stammte, der von einem Hund gebissen worden war. Eine kanadische Forschungsgruppe hat dieses Bakterium kürzlich ebenfalls aus Wunden von Hunde- und Katzenbissen isoliert. «Wir nehmen deshalb an, dass es sich dabei um einen neu aufkommenden Krankheitserreger handelt, den wir im Auge behalten müssen», sagt Goldenberger. Das Bakterium erhielt im Jahr 2022 von den kanadischen Forschenden den passenden Namen Vandammella animalimorsus – Tierbiss-Vandammella.
Die Benennung der neuen Arten ist nun auch für das Basler Team der nächste Schritt. Hierfür arbeiten sie mit Peter Vandamme von der Universität Gent zusammen, einem Spezialisten für die Klassifizierung von Bakterien. Zwei der Keime sind bereits getauft: Eines davon trägt den Namen Pseudoclavibacter triregionum – eine Referenz ans Dreiländereck.
Das Team in Basel sammelt und sequenziert nun weiterhin systematisch unbekannte Keime aus Patientenproben des Universitätsspitals – mittlerweile sind nochmals über zwanzig dazugekommen.
Die Hoffnung: Durch die technologischen Fortschritte in der Bakteriologie wird es immer einfacher, Infektionen mit seltenen Erregern richtig zu diagnostizieren und von Anfang an effektiv zu behandeln.
Zur Mitteilung der Universität Basel

  • USB
  • Forschung
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Zwei Professoren für Palliative Care am Bethesda Spital

Am Bethesda Spital Basel arbeiten erstmals zwei Professoren der Palliative Care Seite an Seite: Christopher Böhlke wurde zum Titularprofessor der Universität Basel ernannt und ergänzt damit das Team um Chefarzt Jan Gärtner.

image

USZ, CHUV und USB gehören zu Europas forschungsstärksten Spitälern

Seit der Jahrtausendwende haben sich die Patentanmeldungen europäischer Kliniken verdreifacht. Schweizer Häuser spielen vorne mit.

image

Gesucht: CEO für das Bethesda Spital

Nach über fünfzehn Jahren an der Spitze des Bethesda Spitals in Basel geht Thomas Rudin in Pension. Das Spital ist zu 60 Prozent im Besitz des Universitätsspitals Basel.

image

Universitätsmedizin bleibt Männersache – trotz Lippenbekenntnissen

In der Westschweiz liegt der Frauenanteil in Top-Arztpositionen höher als in der Deutschschweiz. Eine neue Auswertung der Universitätsspitäler zeigt regionale Unterschiede – und ein nach wie vor tiefes Gesamtniveau bei den Spitzenpositionen.

image

Kispi-Infektiologe gewinnt SSI Award 2025

Für seine internationale Studie zu Mycoplasma pneumoniae erhielt Patrick M. Meyer Sauteur von der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie den ersten Preis.

image

Durcheinander bei Laborproben: Basler Spitalfall im TV

Am Universitätsspital Basel hatte ein Moment der Unachtsamkeit gravierende Folgen. Eine Frau unterzog sich einer Operation, die nicht nötig gewesen wäre.

Vom gleichen Autor

image

Tertianum übernimmt Senevita

Elefantenhochzeit bei Langzeitpflege und Alterswohnen: Die beiden grössten Anbieter in der Schweiz schliessen sich zusammen. Damit entsteht ein Milliardenkonzern mit rund 11'000 Angestellten.

image

LUKS Luzern: Lohnerhöhung über der Teuerung

Kompromiss in der Lohnrunde: Insgesamt steigt die Vergütungssumme im nächsten Jahr um 1,1 Prozent.

image

Neustart nach Denkpause: Das Spital Nidwalden wagt den grossen Wurf

Statt eines Ergänzungsbaus soll nun ein kompletter Neubau entstehen.