Ärzte liessen sich von Corona-Test-Betrügern einspannen

Corona-Testcenter haben in grossem Stil Geld mit Tests ertrogen, die sie nie gemacht haben. Dabei haben sie die Hilfe von Ärzten genutzt.

, 12. Oktober 2022 um 10:09
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Mit Corona-Tests liessen sich letztes Jahr gute Geschäfte machen - auch illegale, wie sich immer deutlicher zeigt. | Symbolbild Drazen Zigic Freepik
Etwa 20 Millionen Franken könnten Corona-Testcenter mit fiktiven Rechnungen illegal eingenommen haben: Von dieser Zahl geht Santésuisse-Sprecher Matthias Müller in der SRF-Sendung «Kassensturz» aus.

Eine Familie entdeckte 36 erfundenen Tests

Den mutmasslichen Betrügern auf die Spur kam man, weil sich immer mehr Personen meldeten, die auf ihren Krankenkassen-Abrechnungen Corona-Tests aufgelistet fanden, die sie gar nie gemacht hatten.
Eine Familie entdeckte auf der Abrechnung 36 erfundene Tests. Für jeden Test zahlte der Bund – und damit die Steuerzahler – 36 oder 47 Franken.

Verschlungene Wege

Möglich sind solche Abrechnungen, weil die Tests auf Umwegen bezahlt werden. Konkret läuft die Bezahlung der Corona-Tests folgendermassen ab: Sind die Betreiber eines Testcenters keine medizinischen Fachpersonen, müssen sie einen Geschäftspartner – zum Beispiel einen Arzt – haben, der die Verantwortung für das Center übernimmt und die Tests bei den Krankenkassen in Rechnung stellt. Die Krankenkassen bezahlen dann dem Arzt die Tests, und der Arzt zahlt wiederum die Testcenter-Betreiber aus.

Ein Testcenter, das gar nie existierte

Offenbar nahmen jedoch nicht alle zugezogenen medizinischen Fachpersonen ihre Verantwortung für ihr Testcenter wahr, sondern fungierten nur als Abrechnungsstelle. So hat etwa der St. Galler Staatsanwalt Jan Duttweiler laut dem Fernsehbericht sogar ein Testcenter entdeckt, das bloss auf dem Papier existierte und gar nie Tests machte.
Trotzdem rechnete ein Arzt immer wieder Tests dieses Centers ab. Für Duttweiler gibt es dafür nur eine Erklärung: Der Arzt, der das Testcenter eigentlich zwingend hätte kontrollieren müssen, hat dieses gar nie gesehen.

Zwei Ärzte weisen Schuld von sich

Als Drehscheiben für die Verrechnung von fiktiven Tests hat der «Kassensturz» zwei Ärzte ausfindig gemacht. Einer ist der Schwyzer Arzt Eric X. Jensen. Der Facharzt für Allgemeine Innere Medizin ist auch als Versicherungsmediziner, Vertrauensarzt und Berater tätig.
Ebenfalls in die undurchsichtigen Abrechnungen verwickelt ist der Allgemeinmediziner Jens Westphal, der eine Praxis im Luzernischen Geuensee betreibt. Bei ihm sind offenbar schon so viele Anfragen wegen ungereimter Test-Abrechnungen eingetroffen, dass er auf seiner Website auf eine Info-Telefonnummer verweist.

Noch keine Anzeigen

Beide Ärzte betonen, dass sie keine Schuld an den fiktiven Rechnungen treffe, vielmehr sei die zuständige Abrechnungsfirma dafür zuständig. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) klärt schon seit längerer Zeit mutmassliche Betrügereien mit Corona-Tests ab. Anzeigen habe man bisher aber noch keine gemacht, sagte BAG-Sprecher Gregor Lüthy im SRF-Beitrag.
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