Die Spezialärzte stehen unter Druck: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) will der bisherigen Praxis einen Riegel schieben, wonach Spitäler höhere Arzthonorare für Halbprivat- und Privatversicherte verlangt haben. Die Krankenkassen dürfen nur noch Abrechnungen für «echte Mehrleistungen» ausserhalb der obligatorischen Krankenversicherung akzeptieren.
Zusatzversicherte waren einträglich
Zudem müssen die verrechneten Kosten in einem «angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Mehrleistungen stehen.» Die Ärzte und Spitäler müssen transparente und nachvollziehbare Abrechnungen erstellen.
Der Grund für diese harte Gangart: Die Finma hatte festgestellt, dass viele Spitäler den Krankenkassen bei zusatzversicherten Patienten systematisch zu hohe Rechnungen ausstellten. Medinside berichtete unter anderem
hier darüber.
Ein neuer Katalog für ein altes Problem
Die FMCH, der Dachverband der invasiv und akutmedizinisch tätigen Spezialärztinnen und -ärzte, musste nun wohl oder übel handeln. Der Verband hat einen Katalog erarbeitet, der ärztliche Mehr- und Zusatzleistungen beschreibt.
Der Katalog – er ist
hier herunterladbar – beschreibt fünf Kategorien von Mehr- und Zusatzleistungen:
- Optionen: Mehr Wahl- und Mitsprachemöglichkeiten
- Kontinuität und Verfügbarkeit: Gleicher Arzt, wählbare Termine
- Höhere Qualifikation: Überdurchschnittliche Qualifikation des Arztes
- Betreuung und zusätzliche Leistungen: Mehr Betreuung
- Innovationen: Anwendung von neusten Behandlungen
Im Katalog sind nur ärztliche Mehr- und Zusatzleistungen enthalten. Hotellerie, Komfort und klinische Mehrleistungen sind nicht aufgeführt.
Nur eine Hilfe, kein Tarif
Die FMH betont: Der Katalog sei eine «Arbeitshilfe», kein Tarif und kein Preismodell. Bei allen Mehrleistungen gelte ausserdem der Grundsatz: Keine dieser Zusatzleistungen darf Einfluss auf das Leistungsniveau und die Aufnahmepflicht in der Grundversicherung haben.
Deshalb bleibt die bisherige Gratwanderung heikel: Wie können Ärzte und Spitäler für Besserzahlende besser arbeiten, ohne zu sagen, dass sie die Grundversicherten schlechter behandeln, oder die Zusatzversicherten unnötige Zusatzleistungen erhalten?
Was Oggier dazu sagte
Zudiesem Thema hat der Gesundheitsökonom Willy Oggier kürzlich in einem
Interview mit Medinside Folgendes gesagt: Es gebe durchaus einen Mehrwert. «Wir werden bei den Wahleingriffen längere Wartezeiten haben. Da ist völlig klar, dass bei Wahleingriffen Patientinnen und Patienten mit einer Privatversicherung vorgezogen werden.»
Ausserdem: Der Vorwurf der Zweiklassenmedizin sei völlig falsch. «Es gibt immer mindestens zwei Klassen in der Medizin. Die Frage ist nur, auf welchem Niveau die zweite Klasse ist. Würde die erste Klasse in der Schweiz verboten, liessen sich Privilegierte im Ausland behandeln.»