«Bei Männern benutze ich den Begriff Wechseljahre nicht»

Der Urologe David Zimmermann erklärt in einem Interview, wann eine Testosterontherapie sinnvoll sein kann.

, 5. Juni 2023 um 13:56
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David Zimmermann ist Leiter des Andrologiezentrums Zürich Stadelhofen.
Was hat es mit den Wechseljahren des Mannes auf sich? Dies wollte das «Migros Magazin» vom Urologen David Zimmermann wissen. Nun, der Leiter des Andrologiezentrums Zürich Stadelhofen verwendet die Begriffe Wechseljahre des Mannes oder Andropause nicht, wie in der aktuellen Ausgabe des Migros Magazins nachzulesen ist. «Sie suggerieren, dass Männer eine ähnliche hormonelle Umstellung durchlaufen wie Frauen. Das ist aber nicht der Fall», sagt der Facharzt für Urologie und Spezialist für Andrologie.

Nur geringe Abnahme des Hormonspiegels

Bei Frauen passiere die Abnahme des Geschlechtshormons innert weniger Jahre und führe zum Ende des Menstruationszyklus und damit zur Unfruchtbarkeit. Bei Männern dagegen nehme der Hormonspiegel mit zunehmendem Alter ab, meist jedoch nur gering.
«Gesunde Männer spüren oft kaum etwas davon. Nur bei rund 5 Prozent der gesunden Männer ist ein deutlicher Testosteronmangel feststellbar», sagt Zimmermann.
Höher sei die Quote bei Männern mit körperlichen Vorbelastungen. Symptome wie Tagesmüdigkeit, Antriebslosigkeit, Libidoverlust oder Erektionsstörungen könnten sich bemerkbar machen.

Routinemässige Messung ist nicht sinnvoll

Welche Faktoren führen zu einer überdurchschnittlichen Erkrankung des Testosterons? wollte das Migros Magazin ferner wissen. Bei Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes besteht laut Zimmermann ein erhöhtes Risiko für einen überdurchschnittlichen Rückgang des Testosterons. Eine routinemässige Messung des Spiegels findet der Urologe indessen nicht sinnvoll. «Doch wenn die oben genannten Symptome auftreten und ein Verdacht auf Hormonmangel besteht, ist ein Test gerechtfertigt.» Es handelt sich um eine einfache Blutuntersuchung, die idealerweise um elf Uhr morgens erfolgt. Ein einmaliger niedrigerer Wert muss jedoch durch eine zweite Analyse bestätigt werden, weil gewisse Schwankungen normal sind.
Und welche Möglichkeiten bieten sich an, wenn sich der Hormonspiegel als zu tief erweist? «Bei Übergewicht versuche ich, die Betroffenen zunächst einmal für eine Verbesserung ihres Lebensstils zu gewinnen: mehr Bewegung und gesündere Ernährung, weniger Alkohol und nicht rauchen.» Manche würden dennoch eine unterstützende Hormonersatztherapie benötigen. Sie könnten den Betroffenen etwas mehr Antrieb verleihen und somit ihre Motivation steigern.

Rote Blutkörperchen als Nebenwirkung

Und zu den Nebenwirkungen von Testosteronspritzen erklärt der Urologe, dass es zu einer Zunahme der roten Blutkörperchen kommen könnte. Das führe zu einem höheren Risiko für Thrombosen und Embolien. Zudem könne eine Testosteronersatztherapie zu einer Hemmung der Spermienproduktion und somit zu Unfruchtbarkeit führen.
Nicht belegt ist laut Zimmermann hingegen, dass unter der Hormontherapie das Risiko für Prostatakrebs steigt. Und von den zahlreichen Mitteln und Mittelchen, die die Manneskraft steigern sollen, sind dem Urologen keine bekannt, deren Wirkung wissenschaftlich erwiesen sei.
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