Schweizer Ärzte haben zu wenig Zeit und fühlen sich überlastet

Der Personalmangel im Gesundheitswesen habe schwere Folgen, finden die Ärzte. Sie sorgen sich um die Patienten – und um die eigene Gesundheit.

, 1. November 2023 um 14:06
image
Symbolbild: nikko macaspac on Unsplash
Gibt es in Zukunft noch genug medizinisches Personal in der Schweiz? Die Ärzteverbindung FMH liess eine Umfrage dazu machen. Rund 1700 Antworten gingen ein. Ein Resultat: Für eine klare Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte stellt der Personalmangel in ihrem Arbeitsumfeld ein gravierendes Problem dar.
Auf einer Skala von null (kein Problem) bis zehn (sehr starkes Problem) gab mehr als zwei Drittel der Befragten einen Wert von 6 bis 10 an. Bei über 40 Prozent ist es sogar ein Wert von 8 bis 10.
Viele Ärzte sagten aus, dass die Wartezeiten länger wurden. Bei den Praxisärzten rechnet ein Fünftel mit einer durchschnittlichen Wartezeit von mehr als einem Monat. Bei den Spitalärzten sind es rund 30 Prozent, die feststellen, dass die Wartezeit ab der Überweisung bis zur eigentlichen Behandlung auf über einen Monat gestiegen sei. In der Psychiatrie gibt nahezu die Hälfte eine Wartezeit von mehr als einem Monat an.
  • FMH: «Der Fachkräftemangel gefährdet die gute Versorgungsqualität», Befragung 2023 der Ärzteschaft, Oktober 2023.
Der Personalmangel hat laut den Befragten auch Folgen für ihre eigene körperliche und psychische Gesundheit. Sie verschlechtert sich. Ausserdem stellen die Befragten fest, dass es mehr Kündigungen wegen Überlastung gibt.
Die hohen Pensen und die langen Arbeitszeiten bewegen laut der Umfrage etliche Ärzte dazu, einen Ausstieg aus der Medizin zu erwägen.

Mangel verschärft sich

Viele Ärzte der Babyboomer-Generation stehen derzeit kurz vor der Pensionierung. Das durchschnittliche Arbeitspensum dieser Generation ist höher als das jüngerer Ärztinnen und Ärzte. Diese fordern zunehmend arbeitsgesetzkonforme, also kürzere Arbeitszeiten und die Möglichkeit für Teilzeitpensen.
Die FMH fordert deshalb, dass die Zahl der Studienplätze erhöht und die beruflichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Mit dem Abbau der Administrativlast und flexibleren Arbeitszeitmodellen könnten junge Ärztinnen und Ärzte im Beruf gehalten und gesunde Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand zur Weiterarbeit motiviert werden.
  • ärzte
  • umfrage
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

«Manche haben unrealistische Erwartungen an die Schweiz»

Die Schweiz erscheint für viele ausländische Ärzte als Traumland. Was es braucht, damit der Jobwechsel gelingt, erklären die Ärztevermittler Francesca und Jan Saner.

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

image

Münchner Arzt vor Gericht wegen Sex während Darmspiegelung

Ein Arzt soll während Koloskopien 19 Patientinnen sexuell missbraucht haben. Er sagt, die Vorwürfe seien erfunden und eine Intrige.

image

Pflege- und Ärztemangel: Rekordwerte bei offenen Stellen

Die Gesundheitsbranche bleibt führend bei der Suche nach Fachkräften. Laut dem neuen Jobradar steigen die Vakanzen in mehreren Berufen wieder – entgegen dem allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

Zukunftsvisionen für die Gesundheitsversorgung

Beim Roche Forum 2024 diskutierten Expertinnen und Experten zentrale Herausforderungen der Schweizer Gesundheitsversorgung und setzten wertvolle Impulse für die Zukunft.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.