Zulassungsstopp: Comeback auf dringlichem Weg

Gut möglich, dass der Ärztestopp nochmals verlängert wird, und zwar bis 2019. Die zuständige Nationalrats-Kommission will es so. Sie legt zugleich einen Kompromiss-Vorschlag vor: Längerfristig sollen andere Lösungen gesucht werden.

, 22. Januar 2016 um 16:27
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Seit Jahresbeginn suchten Gesundheitspolitiker von Bund und Kantonen zunehmend eifrig nach einer Idee, um den überraschenden Stopp des ärztlichen Zulassungsstopps rückgängig zu machen oder zumindest abzufedern.
Jetzt wird die Sache konkret: Mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss die Gesundheitskommission des Nationalrats, dass die geltende Regelung nochmals um drei Jahre verlängert wird; der Antrag war von der Aargauer Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel (CVP) eingebracht worden.

Dringliches Bundesgesetz

Die Verlängerung soll formal als dringenden Bundesgesetz aufgegleist werden (da der bestehende Form des Zulassungsstopps für Ärzte Ende ausläuft). Stimmt nun auch die Gesundheitskommission des Ständerates zu, so wird ein entsprechender Entwurf erarbeitet.
Zugleich verabschiedete das Gremium eine Motion, die den Bundesrat beauftragt, Vorschläge für eine langfristige Zulassungssteuerung auszuarbeiten. Und zwar seien drei Vorschläge zu prüfen:

  • eine Steuerung durch die Kantone,
  • Preisflexibilität für medizinische Leistungen – je nach regionaler Versorgung und Qualität;
  • oder eine Lockerung des Vertragszwangs.

Dieser Vorstoss wurde einstimmig durchgewunken. In einer ersten Reaktion begrüsste die FMH die Verlängerung des Zulassungsstopps. Unter dem Titel «Akzeptable Lösung zeichnet sich ab» erinnert die Ärztegesellschaft daran, dass die bestehende Form der Zulassungsbeschränkung für neue Praxen auf Qualitätskriterien beruht; und für Lösungen, die auf Qualitätskriterien wie Weiterbildungsdauer und Sprachkompetenz beruhen, wolle man auch künftig Hand bieten.

FMH: «Mehrfach bestätigte Freiheit»

Andererseits warnt die FMH vor den (eher einer ökonomischen Logik folgenden) Vorschlägen, welche die Kommissions-Motion jetzt prüfen lassen will. 
«Die FMH spricht sich gegen eine Einschränkung der freien Arztwahl aus», so die heute wiederholte ärztliche Haltung: «Die Patienten sind besser als die Krankenversicherer dazu in der Lage, ihren Arzt auszuwählen – die freie Arztwahl ist eine in der Schweizer Bevölkerung fest verankerte und an der Urne mehrfach bestätigte Freiheit.»
Wenn die bestehende Zulassungssteuerung bis 2019 fortgeführt würde, so sei die Zeit derweil zu nutzen, um «überzeugende und breit abgestützte Lösungen zu erarbeiten, welche sich an Qualitätskriterien orientieren», schreibt die FMH weiter. 

Santésuisse: «Nicht zielführend»

Widerspruch kommt – ebenso erwartungsgemäss – von Seiten der Krankenversicherer. Der Verband Santésuisse erachtet den heutigen Entscheid der Kommission als «nicht zielführend», denn Zulassungsstopps seien weitgehend unwirksam: «Es gibt keine Beweise und keine Studien, die klar belegen, dass Zulassungsstopps für Ärzte ein relevantes Mittel sind, die Kosten der Krankenversicherung in einem Kanton wirksam zu senken», schreibt Santésuisse: «Ihr Einfluss ist allenfalls gering, womit die Zulassungstopps von den wahren Problemen, die zum jährlichen Kostenanstieg führen, ablenken.»
Zudem seien sie das falsche Signal an qualifizierte ausländische Ärzte, auf welche die Schweiz künftig dringend angewiesen sein wird.
Positiv beurteilt Santésuisse dagegen die Motion. In deren Forderung nach Preisflexibilität sichtet der Kassenverband, dass dies wohl zwangsläufig eine Differenzierung der Taxpunktwerte bedeuten würde. 
Der Versicherer-Verband hatte – als Reaktion auf die im Dezember beschlossene Nicht-Verlängerung des Zulassungsstopps – erst zu Wochenbeginn ein Massnahmen-Paket in die Diskussion eingebracht. Dieses verlangt kurzfristig Anpassungen der kantonalen Taxpunktwerte bei bestimmten Facharztrichtungen; und langfristig müsse unter anderem die Lockerung des Vertragszwangs diskutiert werden – «nach klaren Kriterien», so die grösste Krankenkassen-Organisation.

Bild: Rich Anderson | Wikimedia Commons
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