Wenn Patienten im Hotel nebenan übernachten

Die Verschiebung von stationären zu ambulanten Strukturen könnte sich auch gleichzeitig zu einem Treiber für neue Geschäftsmodelle entwickeln.

, 9. April 2019 um 07:29
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Das Potential für ambulant statt stationär wird in zehn Jahren auf mehr als zehn Prozent aller stationären Fälle geschätzt. Heute sind es etwa zwei Prozent, die bereits ambulant erfolgen sollen. Mit dem Prinzip lassen sich Millionen Gesundheitskosten einsparen, insbesondere bei den Ausgaben der Kantone. 
Der Gedanke, das Spital nach einer Herzschrittmacher-OP oder bei einer Entfernung der Gaumen- oder Rachenmandeln noch am selben Tag wieder zu verlassen, lässt bei vielen vielleicht ein mulmiges Gefühl aufkommen. Etwa Angst vor Nachblutungen, vor allem in der Nacht nach der Operation. Nebst der seit Anfang Jahr geltenden Vorgaben des Bundes haben einige Kantone bis zu 16 Eingriffe auf ihre Liste gesetzt.

«Sicherheitshalber im Hotel verbracht»

In einem Beitrag des «Tages-Anzeigers» findet sich in diesem Zusammenhang ein Kommentar eines Patienten. Dieser musste nach einer nicht näher erklärten «Bauchoperation mit Vollnarkose» noch am selben Tag das Spital wieder verlassen: Er fand das als Steuerzahler eigentlich ganz gut, schildert er. Doch er blieb dann sicherheitshalber eine Nacht in einem Hotel – unmittelbar gegenüber der Klinik, schreibt er.
Anderntags stellten sich dann leichte Komplikationen ein und er musste die Wunde nochmals zeigen, schreibt der Patient und Leser weiter. Im Kanton Basel-Stadt, wo der Mann vermutlich lebt, gehe das aber nur noch via Notfall. Das sei mühsam und sicher auch kostenintensiv, fügt er hinzu. Sein Fazit: Ambulant sei nicht immer einfacher und billiger.

Könnte Airbnb Auftrieb verleihen

Ein interessantes Modell, so der Kommentar eines weiteren Lesers. «Ein privates Bettenhaus neben Klinik, mit Pflegebetreuung auf Spitexniveau und Hotellerie sowie Kapazitäten für Angehörige.» Dies sei wahrscheinlich deutlich günstiger zu betreiben als klinikeigene Bettenhäuser. Weil die Selektion dazu führe, dass nur ambulant entlassbare und somit deutlich stabile Patienten buchten. So lasse sich Fachpersonal einsparen, steht im Kommentar weiter. «Und für alle Fälle steht dann die Klinik next door 24/7 bereit.»
Gut möglich, dass das Prinzip ambulant vor stationär auch ein neues Geschäftsmodell hervorbringen könnte. Geschäftschance dürften vielleicht auch Airbnb-Vermieter wittern. Denn auch dem Community-Marktplatz für die Vermietung von privaten Unterkünften könnte dies Auftrieb verleihen. Insbesondere Objekte in der Nähe eines Spitals dürften davon profitieren, allenfalls in Kombination mit spitexähnlichen Angeboten. 
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