Warum ein Velokurier genauso gut sein kann, wie eine Drohne

Lugano setzt trotz Abstürzen wieder auf Drohnen-Transporte. Dabei funktioniert ein Spital mit Velokurieren genauso effizient, wie Basel zeigt.

, 5. Februar 2020 um 15:16
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«Mit der Drohne sind wichtige Laborproben in Lugano bis zu 45 Minuten schneller am Ziel als mit dem Autokurier»: Mit diesem Argument nahmen die Schweizer Post und der Tessiner Spitalverbund EOC kürzlich ihre Drohnentransporte wieder auf.
Doch genauso gut könnten die beiden Luganeser Spitäler Ospedale Italiano und Ospedale Civico ihren Kurierdienst auf andere Weise beschleunigen: Sie müssten einfach ihre Proben nach Laborschluss um 17 Uhr nicht per Taxi hin und hertransportieren lassen. Denn dass ein Taxi zuweilen  im Abendverkehr stecken bleibt und 45 Minuten länger als eine Drohne hat, ist nicht verwunderlich.

15 Minuten mit dem Velokurier

Würde das Spital aber einen Velokurier losschicken, hätte dieser für die etwas mehr als zwei Kilometer Distanz zwischen den beiden Spitältern etwa 15 Minuten – selbst wenn man den Höhenunterschied mit einrechnet.
Schweizer Spitäler brauchen keine Drohnen-Kuriere: Das sagt ein Drohnen-Fan. Der ETH-Forscher Roland Siegwart entwickelt intelligente Drohnen und autonome Roboter. Er ist überzeugt, dass Drohnen künftig Medikamente, Blutkonserven oder sogar Organe transportieren. Doch in der Schweiz mit ihrem dichten Spitalnetz hätte das wohl keinen grossen Nutzen, sagt der Wissenschaftler.

In Basel kämen sich Drohnen und Flugzeuge ins Gehege

Tatsächlich verzichtet zum Beispiel das Universitätsspital Basel (USB) auf Drohnen: «Unser Velokurier reicht völlig aus», sagt Mediensprecher Nicolas Drechsler gegenüber Medinside. Zwar hat das Spital die Drohnen-Transporte einmal geprüft, doch weil sich das Spital in der Flugverbotszone des Euro-Airports befindet, auch schnell wieder verworfen.
8000 so genannte «Kleinmengentransporte» - also Blut- und Gewebeproben oder auch Samenspenden – werden in Basel per Velo zwischen dem Campus und den Aussenliegenschaften ausgeführt. «Dieses System ist flexibel und umweltfreundlich», lobt Nicolas Drechsler. Und vor allem auch genügend schnell.

Sechs Minuten Zeitersparnis in Bern

Das Berner Inselspital, das versuchsweise bereits einmal Blutproben aus dem Tiefenauspital per Drohne eingeflogen hat, will erst noch entscheiden, ob es die Drohnenflüge wieder einführen möchte.
Die durchschnittliche Zeitersparnis betrug gerade mal sechs Minuten. Mediensprecher Adrian Grob sieht dennoch «klare Vorteile am Patientenprozess», weil «das Patientenwohl durch die höhere Geschwindigkeit beim Drohnentransport gefördert» werde.

Spitäler nur ein Türöffner?

Kritiker behaupten, dass sich die Post mit den Drohnen-Transporten den Einstieg ins einträgliche Drohnengeschäft sichern wolle. Die Post schreibt denn auch von «Drohnenflügen im Dienste der Medizin» und hebt als Hauptvorteil das schnellere Ergebnis hervor.
Ob der Zeitgewinn von ein paar Minuten bei Laborproben tatsächlich ein überzeugendes Argument ist? Wahre Notfallanalysen – zum Beispiel bei einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall – müssen ohnehin direkt am Krankenbett gefällt werden – ganz ohne spezialisiertes Labor und Drohnen. Trotzdem will es auch das Universitätsspital Zürich Ende März noch einmal mit Drohnen versuchen, wie Medinside hier berichtete.
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