Warum derzeit niemand sagt, was als nächstes knapp wird

Gerne wüssten Spitäler, Ärzte und Pflegepersonal, mit welchen Engpässen sie in nächster Zeit zu rechnen haben. Doch diese Informationen bleiben geheim.

, 18. März 2020 um 05:00
image
  • spital
  • ärzte
  • coronavirus
Bei den Gesichtsmasken und den Desinfektionsmitteln hat es die Spitäler unvorbereitet erwischt: Schachtelweise wurden sie von Besuchern und Angestellten gestohlen, gehamstert und gehortet. Kein Wunder wollen Spitäler nun wissen, wo die nächste Knappheit droht.

Engpässe würden nicht verhindert - sondern kämen einfach früher

Doch mit solchen Informationen gehen jene, welche darüber verfügen, sehr sparsam um. So sagt Enea Martinelli, Chefapotheker der Spitäler Frutigen, Meiringen, Interlaken (FMI), auf Anfrage von Medinside: «Zurzeit sehen wir noch keine Lieferengpässe, die wir noch vorher schon gekannt hätten.» Er fügt an, dass die Informationen darüber kaum verbreitet würden – zu Recht, wie er betont. «Wenn wir die Informationen hätten, käme es zu Hamsterkäufen. Und die gilt es einzudämmen.»
Sonst käme es genauso zu Engpässen, einfach etwas früher. «Denn ist ja nicht plötzlich mehr Ware vorhanden, sondern die Versorgung ist jetzt schon eingeschränkt.» Er sagt auch: «Jetzt grössere Lager aufzubauen bringt nichts. Ganz im Gegenteil. Die Ware geht dann möglicherweise dorthin, wo sie nicht am Dringendsten gebraucht wird.»

Zum Glück ein Schweizer Produkt: Beatmungsgeräte

Einen internationalen Verteilkampf gibt es derzeit um Beatmungsgeräte. Sie sind derzeit überall sehr gesucht. Denn das Coronavirus führt bei den Schwerkranken zu Lungenentzündung. Die betroffenen Patienten müssen dann künstlich beatmet werden.
In der Schweiz gibt es in den Intensivstationen zurzeit nur rund 850 Betten mit Beatmungsgeräten. Glücklicherweise ist der weltweite Marktführer bei Beatmungsgeräten eine Schweizer Firma: Das Medizinal-Unternehmen Hamilton produziert diese Geräte im Bündnerischen Bonaduz. «Wir könnten jetzt in einem Monat so viel verkaufen, wie wir im ganzen letzten Jahr umgesetzt haben, nämlich zwischen 1500 und 2000 Geräten», sagte der Hamilton-Chef Andreas Wieland gegenüber «Swissinfo».

Geräte kommen nur dorthin, wo sie sinnvoll sind

Die Firma versuche, dorthin zu liefern, wo die Not am grössten ist, sagte er weiter. Selbst in der Schweiz würden nicht alle Spitäler so viele Geräte erhalten, wie sie bestellten. Denn: «Wenn ein kleines Spital in der Region zehn Geräte bestellt, aber uns bekannt ist, dass sie nur drei Intensiv-Pflegeplätze haben, kriegen sie nur drei Geräte.» Der Grund: Es braucht für die Geräte auch geschultes Personal und eine entsprechende Infrastruktur.
Dasselbe sagte auch Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit vor den Medien. Zusätzliche Beatmungsgeräte würden auch mehr Platz für Betten und vor allem mehr geschultes Personal brauchen. Dieses könne nicht innerhalb von zwei Tagen ausgebildet werden, sagte Koch. Der grösste Engpass, der in den nächsten Tagen droht, wird deshalb jener beim Personal sein.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Medizinprodukte: Swissmedic moniert Mängel in vielen Spitälern

Die Aufsichtsbehörde kontrollierte unter anderem Endoskopie und Instandhaltung – und fand so viele Probleme, dass sie jetzt die Überwachung intensiviert.

image

Thierry Carrel gründet Unternehmen: Carrel Cardio Consulting

Der ehemalige Chefarzt und Klinikleiter arbeitet nun als selbstständiger Chirurg mit Sprechstunden im Bern.

image
Gastbeitrag von André Plass

Eine unabhängige Anlaufstelle garantiert mehr Qualität

Unabhängige Qualitätskontroll- und Meldezentren fürs Gesundheitswesen könnten die Patientenversorgung stark verbessern.

image

Arzt & Co.: Das Kinderarzthaus wird erwachsen

Die neu gegründete Firma Arzt & Co. eröffnet eine erste Hausarztpraxis in Baden. Sie ist ein Schwesterunternehmen der Kinderarzthaus-Gruppe.

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.