Test: Tausende Ärzte arbeiten 30-Stunden-Schichten

Sind überlastete Assistenzärzte wirklich ein Risiko für die Patienten? In den USA wird die Streitfrage jetzt dem Realitäts-Check unterzogen.

, 30. Oktober 2015 um 09:56
image
  • arbeitswelt
  • arbeitszeiten
In mehreren Dutzend US-Spitälern arbeiten derzeit Assistenzärzte im ersten Jahr 30-Stunden-Präsenzschichten ab. Überprüft wird damit die Dauer-Diskussionsfrage, wie gefährlich die Kombination von unerfahrenen Ärzten sowie Schlafmangel beziehungsweise Überarbeitung für die Patienten denn wirklich ist.
Der Test ist Teil einer grossen Studie, die hauptsächlich von den National Institutes of Health finanziert und von der University of Philadelphia als führende Institution geleitet wird. 
Die Ergebnisse dürften auch für die Schweiz interessant sein – immerhin soll hier auch klargestellt werden, was für die Patienten riskanter ist: Ein häufigerer Wechsel von Ärzten (als Folge kürzerer Schichten); oder die Übermüdung, die sich logischerweise aus überlangen Schichten ergeben kann. 

Die Patienten wissen nichts davon

Im jetzt laufenden Grosstest arbeiten rund 6000 Jung-Mediziner nach verschiedenen Arbeitszeit-Modellen – etwa die Hälfte hat eine Obergrenze von 16 Stunden-Schichten für Ärzte des ersten Jahres, eine andere Hälfte muss bis zu 30-Stunden-Anwesenheiten auf sich nehmen.
Interessanterweise wissen die Patienten nichts von diesem Test: Das heisst, die 30-Stunden-Schichten-Assistenzärzte sind jetzt aktiv – aber wo, bleibt geheim. Die Ethikkommission der University of Philadelphia befand, dass die Risiken für Patienten wie Ärzte geringfügig genug sind, um dieser Anordnung stattzugeben.
In den USA gibt es seit vier Jahren eine Obergrenze: Im ersten Jahr nach dem Abschluss dürfen junge Ärzte keine Schichten mehr leisten, die länger als 16 Stunden dauern; im zweiten und dritten Jahr sind Einsätze bis zu 24 Stunden möglich (hier eine erste Zwischenbilanz 2013).
Die Ergebnisse des jetzigen Gross-Tests werden übrigens für 2019 erwartet.
Mehr / Quellen:
«The government is paying for doctors to work 30-hour shifts. Here's why», in: «The Advisory Board Company»
«Some new doctors are working 30-hour shifts at hospitals around the U.S.», in: «Washington Post»
«Researchers test the conventional wisdom on work-hour restrictions», in: «Fierce Healthcare»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Spital Wallis: Neuer Chefarzt Urologie

Christian Wiunig kommt von der Urologischen Klinik München-Planegg.

image

Chirurgie: Taskforce für bessere Arbeits-Bedingungen

Im Kanton Zürich spannen die Chirurgengesellschaft und der VSAO zusammen – quasi generationenübergreifend.

image

Physio-Barometer: Hohe Zufriedenheit in der Bevölkerung

Eine Umfrage von Gfs Bern im Auftrag von Physioswiss zeigt: Das Vertrauen in Physiotherapeuten ist fast gleich hoch wie in Ärzte oder Apotheker.

image

Arbeiten nach der Pensionierung? Nein danke!

Etwa ein Viertel der Pensionierten bleibt berufstätig, zeigt eine Studie. Nicht so Gesundheitsfachpersonen.

image

4-Tage-Woche? Kaum Interesse bei Schweizer Spitälern

Das zeigt eine Umfrage von Medinside. Gefragt seien flexible Arbeitszeitmodelle. Von einem unsäglichen Reduktionstrend spricht der Chirurg Othmar Schöb.

image

Diversity im OP: Ein Frauenanteil von 35 Prozent rettet Leben

Eine weitere Studie zeigt, dass gemischte Anästhesie- und Chirurgie Teams gut sind für die Qualität.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.