Studie: Unispitäler sind sicherer – tiefere Mortalität

Bei grossen Ausbildungskliniken haben die Patienten offenbar bessere Chancen. Die Bettenzahl scheint dabei aber entscheidend zu sein.

, 29. Mai 2017 um 05:52
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Einerseits entspricht das ja den Erwartungen: Grosse Uni-Kliniken stehen eher für hochklassige Medizin als kleinere Krankenhäuser. Andererseits weiss die Fachwelt, dass die Standards bei zahllosen Behandlungen mittlerweile sehr ausgeglichen sind und bestimmte Qualitäten sogar bei kleineren Häusern obenaus schwingen.
Wie ist also der aktuelle Stand? Wie sehr prägen die Unterschiede heute noch?
Dieser Frage ging ein Team der Harvard University (Chan School of Public Health) nach. Die Testfrage lautete: Haben grosse Ausbildungs-Spitäler andere Mortalitätsraten? Die Antwort: Jawohl – sie sind tatsächlich signifikant tiefer. 


Das Team um Laura G. Burke, Notfallmedizinerin am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, wertete dazu die Daten von 21 Millionen Hospitalisierungen in den USA aus.

  • Heraus kam, dass die 30-Tage-Mortalitätsraten bei den 250 grössten Unispitälern (Teaching Hospitals) deutlich tiefer waren: Der Wert erreichte 8,3 Prozent.
  • Bei 3'340 anderen Spitälern ohne Anschluss an eine Medical School lag die Quote bei 9,5 Prozent.
  • Interessant dass der Wert auch bei den kleineren Teaching Hospitals (unter 400 Betten) mit 9,2 Prozent eher in der Nähe dieser Gruppe lag als in der Nähe der grossen Unispitäler.

«Wir wissen, dass Ausbildungskliniken eine wichtige Aufgabe in Lehre und Forschung erfüllen, aber wir wussten weniger Bescheid über die Qualität der Betreuung dort», sagt Ashish Jha, einer der Autoren und Director des Harvard Global Health Institute, gegenüber «Science Daily». «Nun fanden wir, dass die Patienten in diesen Spitälern über ein sehr breites Spektrum von medizinischen und chirurgischen Befunden bessere Resultate erzielen konnten.»

Weil sie Early Adopters sind?

Tatsächlich untersuchte die Datenauswertung die Mortalitätsraten nach insgesamt 15 häufigen Erkrankungen wie Lungenentzündung, Hirnschlag oder Herzinsuffizienz; ebenso untersucht wurden die Konsequenzen bei 6 chirurgischen Eingriffen, darunter Hüftprothesen, Herzbypass oder Kolektomie.
Berücksichtigt wurden dabei diverse eventuell verfälschende Faktoren wie Altersstruktur und Schweregrad der Krankheiten. Auch die 7-Tages- und die 90-Tages-Mortalität lagen am Ende bei den grossen Unispitälern am tiefsten.
Als mögliche Erklärung nennt die Studie die grössere Erfahrung – insbesondere im Umgang mit spezifischen Ausprägungen einer Krankheit. Eine Rolle spielen könnte auch die Tatsache, dass grosse Unispitäler eher «early adopters» neuer Behandlungen und Technologien sind.
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