Klagen Patienten über Ärzte, geht es häufig um mangelnde Verständigung: Sie finden, der Arzt lasse sie nicht ausreden oder gehe zu wenig auf sie ein. Dabei gibt es ein einfaches Mittel, die Qualität der Konversation zu verbessern: Indem sich nicht nur der Arzt gezielt auf das Gespräch vorbereitet, sondern auch der Patient.
Auf diesen Umstand weisen Wissenschaftler der
University of Washington School of Medicine hin. In einer Pilotstudie haben sie herausgefunden, dass die Kommunikation zwischen Arzt und Patient einvernehmlicher und effizienter wird, wenn dieser mehr Einfluss auf den Gesprächsverlauf nehmen kann.
Konkret erhielten die Patienten vor der Sprechstunde Gelegenheit, Notizen zum Gespräch zu machen und Themen zu setzen. 79 Prozent der Patienten und 74 Prozent der Ärzte fanden, dass sich die Kommunikation insgesamt verbesserte.
McHale Anderson, Sara Jackson, Natalia Oster, Sue Peacock, Janice Walker, Galen Chen, Joann Elmore: «Patients Typing Their Own Visit Agendas Into an Electronic Medical Record: Pilot in a Safety-Net Clinic» - in: «Annals of Family Medicine», April 2017Die Forscher baten 101 Patienten von 28 Ärzten der Adult Medicine Clinic at Harborview Medical Center in Seattle, im Wartezimmer die Themen in ihre Patientengeschichte in einen Computer einzutragen, über die sie mit dem Arzt reden wollten.
Die Erfahrungen waren so positiv, dass 82 Prozent der Ärzte und 73 Prozent der Patienten das System beibehalten wollten. Den Ärzten half es besonders bei der Festsetzung der Prioritäten. Die Patienten wiederum fanden, dass die Ärzte besser vorbereitet waren. Auch fühlten sie sich besser verstanden.
«Ach, übrigens...»
Die Zusammenarbeit im Agenda Setting hilft den Patienten nicht nur, ihre Themen frühzeitig zu formulieren. Die Gefahr, dass einer auf der Türschwelle umdreht mit der Bemerkung «Ach, übrigens...», sinkt. Sie trägt auch zur Beruhigung des Arztbesuchs bei. In der Pilotstudie brachte es ein Patient auf den Punkt: «Ich gebe meinem Arzt meine Informationen, damit ich nicht nervös werde und alles vergesse».
Der führende Studienautor McHale Anderson wirft einen Blick in die Zukunft. Er glaubt, «der Einbezug von Patienten in ihr eigenes Patientendossier wird die nächste grosse Veränderung in der medizinischen Praxis sein.»