Im OP wird die Ergonomie der Mitarbeitenden oft vernachlässigt, weil anderes wichtiger ist: Etwa der optimale Ablauf des Eingriffs für die Patienten oder ein möglichst rasches und rationelles Vorgehen. Doch auch wenn die Sicherheit der Patienten vorgeht, gibt es Vorbeugemassnahmen.
Immer die gleiche Haltung schadet
Schädlich ist vor allem das häufige lange Verweilen in der gleichen Haltung. Das führt zu Überlastungen. Umfragen zufolge leiden etwa 80 Prozent der Chirurgen bei laparoskopischen und offenen Operationen unter Schmerzen oder Überlastungen, vor allem im Bereich der Hals- oder Lendenwirbelsäule.
Chirurgen, welche diese Symptome ignorieren, müssen sich häufiger krankschreiben lassen, an der Hals- oder Lendenwirbelsäule operieren lassen oder sich sogar frühpensionieren lassen.
Vor allem drei Massnahmen wichtig
Mit drei Massnahmen lassen sich körperliche Belastungen und Schmerzen im OP verringern: Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung, die in der amerikanischen medizinischen Fachzeitschrift JAMA Surgery erschienen ist.
Korrekte Körperhaltung
Eine korrekte Körperhaltung ist in der Chirurgie von entscheidender Bedeutung, insbesondere wenn die Betroffenen lange stehen müssen, schwere Bleischürzen tragen, ungünstige Greif- oder Beugepositionen einnehmen müssen, oder wenn extreme Nackenwinkel und sich ständig wiederholende Bewegungen nötig sind.
Mit einer optimalen Tischhöhe lässt sich erreichen, dass der Rücken gerade ist und die Ellbogen rechtwinklig gehalten werden. Bei Patienten mit Adipositas oder tiefen Körperhöhlen können das Drehen des Tisches und die Veränderung des Tischwinkels die Haltung verbessern. Der Assistenzchirurg kann allfällige Höhenunterschiede mit Hilfe von Stufen ausgleichen. Einige Chirurgen bevorzugen auch das Stehen auf weichen Ablagematten.
Monitor richtig positionieren
Bei laparoskopischen oder thorakoskopischen Eingriffen sollte die Positionierung des Monitors angepasst werden. Das ermöglicht eine optimale Körperhaltung.
Wichtig ist, dass für die Arbeit im OP das Körpergewicht gleichmässig auf beiden Füßen gehalten wird und die Fusspedale möglichst wenig benutzt werden, um ungleichmässigen Druck auf ein Bein zu vermeiden.
Kleine Pausen zum Lockern
Erleichterung bieten OP-Mikropausen mit schnellen Dehnungsübungen, welche den Nacken, den Rücken und die Gelenken aktivieren, ohne den Arbeitsablauf zu stören oder die OP-Zeit zu verlängern.
Das richtig Lupendesign
Lupen verdienen besondere Aufmerksamkeit. Denn viele Fachgebiete sind auf deren Verwendung angewiesen. Oft muss im OP über, unter oder neben der Lupe vorbeigeschaut werden. Das ist zum Beispiel in der Herz-Thorax-Chirurgie der Fall, weil sowohl die Herz-Lungen-Maschine und die Monitore überprüft werden müssen als auch die Kommunikation mit mehreren Teammitgliedern immer wieder Augenkontakt erfordert.
Wie ergonomisch Lupen sind, hängt vom Lupendesign ab. Mit verstellbaren Lupen, die oben auf dem Rahmen – statt innerhalb der Linsen – angebracht sind, kann eine extreme Halswinkelung vermieden werden (siehe Abbildung unten). Dafür sind solche Lupen oft etwas schwerer.
Ein gerader Rücken, eine minimale Nackenflexion und die Ellbogen in einem 90-Grad-Winkel: Das ist eine optimale Arbeitshaltung (wie rechts als «good» dargestellt). | JAMA Surgery
Hilfreiche Übungen
Trotz vollem Terminkalender sollten sich OP-Mitarbeitende vier- bis fünfmal pro Woche 15 bis 30 Minuten Zeit nehmen für ein paar Übungen zur Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur. Sie helfen dabei, eine gerade Körperhaltung zu bewahren. Neben dem Krafttraining sind auch Stretching, Yoga und Pilates wirksam. Aerobic-Übungen zum Aufwärmen und Dehnen nach dem Training können ebenfalls dazu beitragen, Verletzungen vorzubeugen.
Auch das ist schädlich für die Gesundheit von Mitarbeitenden im OP:
- Unterschiedliche Grössen der Mitarbeitenden
- Verdrehung des Halses, weil Monitore ungünstig angeordnet sind
- Halten und Heben schwerer Körperteile
- Tragen schwerer Gegenstände wie OP-Tisch-Zubehör oder OP-Siebe für die Sterilisation
- Ziehen und Schieben von Lafetten und Betten
- Räumliche Enge um den OP-Tisch
- Sturz- und Stolpergefahr durch Hindernisse, etwa frei liegende Leitungen
- Schwere Röntgenschürzen
- Kalte und trockene Luftzüge
Dagegen helfen können:
- Höhenverstellbare Transportwagen
- Ergonomisch angeordnet und individuell einstellbare Monitore
- Höhenverstellbare Sitzgelegenheiten und Stehhilfen
- Standsichere Fussbänke in unterschiedlichen Höhen
- Sämtliche Türen öffnen selbsttätig und berührungslos
- Keine Schwellen, Absätze und Stufen
- Keine frei liegenden Kabel
- Betten und Lafetten werden von zwei Personen geschoben
- Sämtliches Material zur Vorbereitung und Durchführung von Operationen ist schnell und gut erreichbar platziert
- Lagerungshilfen sind schnell und gut erreichbar
In dieser
Broschüre sind Fitnessübungen für den Rücken zu finden, die speziell für OP-Mitarbeitende geeignet sind.