Schmerzmittel: Ehrenrettung für COX-2-Hemmer

Eine internationale Grossstudie sichtet mehr Risiken bei Ibuprofen und Naxopren als bei Celebrex. Massgeblich beteiligt an der Forschungsarbeit waren Kardiologen des USZ.

, 14. November 2016 um 14:45
image
  • forschung
  • medikamente
  • kardiologie
  • rheumatologie
Unter dem so genannten Vioxx-Skandal leiden die COX-2-Hemmer bis heute: Das Schmerzmittel von Merck SD wurde im September 2004 vom Markt genommen, weil es definitiv als gefährlich fürs Herz-Kreislauf-System eingestuft wurde.
Jetzt kommt einen Gross-Studie und bietet eine neue Einschätzung der COX-2-Hemmer. Konkret geht es um Celecoxib – Markenname Celebrex –, das bekannte nicht-steroidale Antirheumatikum. Dieses wurde mit den beiden sehr verbreiteten NSAR Naproxen und Ibuprofen verglichen.

24'000 Patienten, 2 Jahre

Konkret untersuchten die Forscher dabei Daten von gut 24'000 Patienten mit Arthrose oder rheumatoider Arthritis, die entweder mit Naproxen, Ibuprofen oder dem COX-2-Hemmer Celecoxib behandelt wurden; der Beobachtungszeitraum umspannte zwei Jahre. Dabei wurde die Häufigkeit von Herzinfarkt und Herztod sowie von inneren Blutungen überprüft, aber auch die Nierenfunktion der Patientinnen und Patienten.
Hinter der Untersuchung standen Kardiologen und Rheumatologen (unter anderem) der Cleveland Clinic, des Brigham & Womens Hospital und der Harvard Medical School, aber auch des Universitätsspitals und der Universität Zürich – nämlich Thomas F. Lüscher und Frank Ruschitzka. Ursprünglich hatten die USZ-Kardiologen die Untersuchung auch entworfen, dann aber wegen eines Entscheids der European Medicines Agency EMA in Amerika durchgeführt, geleitet durch die Cleveland Clinic.

Der Aspekt der Frist

Heraus kam nun, dass Celecoxib/Celebrex bei der «Intention to treat»-Analyse nicht schlechter abschnitt als die getesteten NSARs. Das heisst: Wenn jene die Patienten berücksichtigt wurden, die während der Studie aus diversen Gründen ausschieden, dann waren die Nebenfolgen von Celebrex nicht häufiger als bei Ibuprofen oder Naproxen. 
Anders dann das Resultat bei der «On-treatment-Analyse»; hier wurden also allein jene Patienten berücksichtigt, welche die Medikamente wie vorgesehen einnahmen. Und siehe da: Dann wies Celecoxib im Vergleich zu den beiden Vergleichs-NSARs sogar weniger Herz- und Kreislaufereignisse auf.

Weniger Blutungen, weniger Niederversagen

Auch verursachte Celecoxib weniger gastrointestinale Blutungen. Und im Vergleich mit Ibuprofen wurden hier weniger Nierenversagen festgestellt. 
«Ibuprofen wies damit bei Patienten, welche das Medikament auch wirklich eingenommen hatten, das schlechteste Sicherheitsprofil aller getesteten Schmerzmittel auf, während eine selektive Hemmung der COX 2, wie sie Celecoxib vermittelt, am sichersten war», so nun die Mitteilung aus dem Unispital Zürich. Und weiter: «Diese Ergebnisse haben aufgrund des hohen Verbrauchs dieser Substanzen grosse Implikationen für Patientinnen und Patienten, für Medizinerinnen und für grundsätzlich gesunde Menschen, die regelmässig Schmerzmittel konsumieren.»

 

«Populäre Mittel könnten Risiken enthalten»: Der Beitrag des grossen US-TV-Networks NBC



  • Zur Medienmitteilung des Universitätsspitals Zürich
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Lässt sich der Blutzuckerspiegel bald mit einer Smartwach messen?

Schweizer Forschende haben eine Methode entwickelt, bei der sich mittels maschinellen Lernens und Smartwatch-Daten Unterzuckerungen erkennen lassen.

image

Forschende aus Basel präsentieren neue Fakten über Covid-Medikament

Klinische Studien gaben bisher hinsichtlich des Covid-Medikaments Veklury kein schlüssiges Bild. Neue Analysen zeigen nun, welche Patientengruppe davon profitiert.

image

Apotheken führen fälschungssichere E-Rezepte ein

Weil die elektronische Übermittlung von Rezepten immer beliebter wird, drängen Apotheken und Ärzte auf ein sicheres System.

image

mRNA-Impfstoff gegen Krebs wird bald an Patienten getestet

Die klinischen Studien, die Biontech noch dieses Jahr starten will, werden in Grossbritannien durchgeführt. Auf den Markt kommen soll das Vakzin vor 2030.

image

Novartis hat einen Präsidenten für seine Generika-Tochter Sandoz bestimmt

Gilbert Ghostine wird künftiger Sandoz-Präsident. Die Generika-Tochter von Novartis soll noch 2023 vom Konzern abgespalten und separat an die Börse gebracht werden.

image

Medikamente: Eine Ausnahme alle drei Minuten

Wird ein Medikament ausserhalb des vorgesehenen Verwendungszwecks verschrieben oder steht sein Preis noch nicht fest, ist eine Einzelfallerstattung möglich. Diese Ausnahme darf jedoch nicht zur Regel werden.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.