Preisüberwacher einigt sich erstmals mit Spitalgruppe

Im Kampf gegen zu hohe Tarife bei Spitalzusatzversicherungen kann Stefan Meierhans einen Erfolg mit Signalcharakter verbuchen.

, 31. Januar 2020 um 08:31
image
Untersuchung des Preisüberwachers haben ergeben: Genaue Definitionen von «echten» Mehrleistungen wie Einzelzimmer oder freie Arztwahl bei Zusatzversicherungen fehlen. Zudem wird ihm zufolge eine kostenmässige Abgrenzung zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nicht transparent ausgewiesen.
Erstmals hat der Preisüberwacher nach einer Überprüfung nun mit einer Spitalgruppe eine einvernehmliche Regelung abgeschlossen. Die Lösung mit dem Spital STS (Spital Simmental-Thun-Saanenland) ist die erste Kostendämpfungs-Massnahme in diesem Bereich und hat somit Signalcharakter, wie der Preisüberwacher mitteilt. Das Problem betreffe grundsätzlich alle Spitäler. 

Fehlanreize verhindern

Gemäss Berechnungen der Preisüberwachung übersteigen die Zusatzversicherungs-Tarife bei der Berner Oberländer Spitalgruppe die sauber ausgewiesenen Kosten der Mehrleistungen für zusatzversicherte Patienten «deutlich.» Dies könnte Fehlanreize für unnötige medizinische Behandlungen schaffen, was sich  wiederum auch kostentreibend auf die OKP auswirken könnte. 
Die Spital STS stellt sich laut der Mitteilung zwar auf den Standpunkt, vergleichsweise tiefe Zusatzversicherungstarife zu haben, erklärt sich aber dennoch bereit, «neue innovative Tarifmodelle zu entwickeln, welche die effektiven Mehrleistungskomponenten detailliert abbilden».

Tarife mittelfristig senken

Gleichzeitig sollen die durchschnittlichen, fallgewichteten Zusatzversicherungstarife unter der Annahme gleichbleibender Leistungen ab 1. Januar 2023 um 10 Prozent reduziert werden. Allfällige zusätzliche Mehrleistungen der Spital STS gegenüber heute dürfen zusätzlich verrechnet werden, wie es weiter heisst. 
Die Berner Spitalgruppe sei die erste Spitalunternehmung, die sich zu einer geordneten Anpassung in Verhandlungen mit dem Preisüberwacher bereit erklärte. Beide Parteien sehen in dieser Einigung einen ersten Schritt in Richtung einer branchenweiten Veränderung der Tarifierungspraxis im Zusatzversicherungsbereich.

Geht weiter gegen zu hohe Tarife vor

Der Preisüberwacher Stefan Meierhans sieht zudem vor, auch andere Zusatzversicherungstarife in den nächsten drei Jahren einem nationalen Benchmarking zu unterziehen, wie er ankündigte. Das generelle Ziel sei es, Massnahmen anzustossen, um überhöhte Zusatzversicherungstarife auf ein «vernünftiges Mass» zurückzuführen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Peter Indra geht zur Sanitas

Der Arzt und ehemalige Chef des Zürcher Amts für Gesundheit soll beim Krankenversicherer die Grundversorgung gezielt weiterentwickeln.

image

In Genf und Waadt geht es um die «Geiselnahme» der Zusatzversicherten

Der Konflikt zwischen Ärzten und Versicherern über die Kostenübernahme für Halbprivat- und Privatpatienten schwelt weiter: Die Waadtländer Ärztegesellschaft wendet sich an die Finma, während Genf ein Ultimatum stellt.

image

CSS fahndet nach Missbrauch und spart damit 38 Millionen Franken

Die CSS fällt immer wieder auf, wenn es um die Aufdeckung von Betrugsversuchen bei Krankenversicherungen geht.

image

Zusatzversicherungen: Ärzte warnen vor Versorgungslücken

«Die Patienten als Geiseln»: In der Westschweiz melden Fachärzte, dass Versicherer Leistungen kürzen – und keiner informiert die Halbprivat- und Privat-Patienten.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.