Politik will Arztwahl einschränken – FMH und VSAO protestieren

Die Gesundheitskommission des Nationalrates will kantonale Höchstzahlen für ambulante Ärzte – und Zulassungsverträge mit den Versicherern.

, 12. Mai 2017 um 19:21
image
  • tarmed
  • ärztestopp
  • praxis
  • politik
Heute stellte sich die Gesundheitskommission des Nationalrates SGK hinter eine Initiative, welche den Kantonen weitere Möglichkeiten zur Beschränkung der Ärzte zugestehen will. Dabei würde ihnen erlaubt, eine Bandbreite an Leistungserbringern festzulegen, also Mindest- und Höchstzahlen, abhängig von einem amtlich festgelegten Versorgungsbedarf.
Das Ergebnis des Gremiums unter Leitung von Ignazio Cassis (FDP) und Thomas de Courten (SVP) fiel mit 15 zu 7 Stimmen aus; ein Mitglied enthielt sich der Stimme.

Ärztemangel oder Ärzteschwemme?

Die entsprechende Kommissionsinitiative sieht auch vor, das Ärzte nur dann Krankenkassen-Leistungen erbringen können, wenn sie einen Zulassungsvertrag mit einem Versicherer haben oder in einem integrierten Versorgungsnetz tätig sind (zum Text der Initiative).
Für die Ärzte ist damit klar, dass die Politik die freie Arztwahl einschränken will. In einer Stellungnahme erinnern der Standesverband FMH und die Spitalärzte-Organisation VSAO daran, dass das Volk sich schon mehrfach gegen solche Einschränkungen ausgesprochen hat.
Die nun aufgegleiste Regelung würde chronisch kranke Patienten benachteiligen, so die Einschätzung; sie müssten möglicherweise ihren langjährigen Arzt wechseln und hätten Mühe, einen neuen zu finden. Und schliesslich widerspreche die geplante Hürde dem Bestreben, dem Ärztemangel im ambulanten Bereich zu begegnen.

Kostendenken vor Qualität?

Das Parlament agiere widersprüchlich, so das Fazit der Ärzte: «Einerseits will es den Ärztemangel mit mehr Studienplätzen bekämpfen; andererseits sollen diese in der Schweiz ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte nicht im ambulanten Bereich tätig werden können.»
FMH und VSAO hatten bekanntlich gefordert, dass die Zulassungssteuerung über Qualitätskriterien erfolgt – beispielsweise mit dem Zwang zu einer dreijährigen Weiterbildung in der für die Zulassung beantragten Fachdisziplin.
«Wenn Krankenkassen als Kostenträger bestimmen, welche Ärztinnen und Ärzte ihre Versicherten bei Bedarf aufsuchen dürfen, birgt dies die Gefahr, dass bei der Patientenbehandlung Kostenerwägungen gegenüber qualitativen Kriterien überwiegen», so nun die Replik der Mediziner: «Die freie Arztwahl trägt somit zu einer hohen Patientensicherheit bei.»
Zur Initiative wird als nächstes die Gesundheitskommission des Ständerates Stellung nehmen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Prämienverbilligung: Nationalrat hält am Ausbau des Systems fest

Anders als der Ständerat will der Nationalrat den Ausbau der Prämienverbilligungen nicht vor sich herschieben. Er hält am indirekten Gegenvorschlag fest.

image

Horrender Lohn im Luks-Verwaltungsrat gibt zu reden

Der VR-Präsident des Luzerner Kantonsspitals hat in den letzten Jahren satte Lohnerhöhungen erhalten. 2021 soll die Luzerner Regierung damit die eigenen Vorgaben gesprengt haben.

image

Die Spielsucht in der Schweiz hat sich verdoppelt – nun handeln die Kantone

Eine neue eGames-Studie zum Online-Geldspielverhalten in der Schweizer Bevölkerung zeigt besorgniserregende Zahlen. Jetzt schalten sich die Kantone ein.

image

Genfer Gesundheitspolitikerin hat den Lead bei der Tabakprävention

Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle ist die neue Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz. Sie will die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» strikt umsetzen.

image

Psychiatrie: UPD schreibt Verluste und kündigt deshalb die Tarifverträge

Die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern können mit den derzeitigen Tarifen nicht kostendeckend arbeiten. Zudem sind zentrale Angebote unterfinanziert.

image

Mitten in Luzern entsteht ein neues Ärztezentrum

In der Stadt Luzern eröffnet bald eine neue Gruppenpraxis, wo künftig mehrere Ärzte in einer Ärztegemeinschaft arbeiten werden.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.