«Jeder Betrieb muss sich jetzt überlegen, wie er sich auf dem Personalmarkt darstellen will»

François Muller ist der Gründer von CareFair – der ersten Schweizer Jobmesse für Berufe im Gesundheitswesen. Was bringt das? Das Interview.

, 25. November 2015 um 08:12
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Herr Muller, wenn Sie Personalchef eines Spitals in der Schweiz wären: Auf welchem Weg würden Sie zuerst nach guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen?
Spitäler und Pflegeheime haben zwar viele Wege, um aktiv zu rekrutieren: teils geht man über Personalberater, teils gibt es Direktbewerbungen. Aber es ist offensichtlich, dass viele Häuser Mühe haben, entsprechendes Personal zu finden. Mir geht es daher um einen übergeordneten Aspekt: Jeder Betrieb muss sich überlegen, wie er sich auf dem Personalmarkt positionieren will. Wer das gut macht und auch seinem Personal etwas bieten kann, hat gute Chancen auf dem Markt. Wobei er eben nicht nur finanziell etwas bieten sollte, sondern auch mit einer guten Unternehmenskultur oder mit Weiterbildungsmöglichkeiten.
François Muller ist Gründer und CEO der Beratungsgesellschaft Muller & Associés Healthcare Consulting. Er verfügt über einen Bachelor in Betriebswirtschaft der HEC Lausanne, einen Master in Strategie der Universität St. Gallen und einen MBA der Nanyang Business School Singapur. Vor der Gründung von Muller & Associés leitete er unter anderem das Schweizer Büro der Beratungsgesellschaft ICME Healthcare.
Kurz: Man muss sich erstens ein interessantes Profil verschaffen und zweitens dieses Profil kommunizieren.
Absolut – und dann taucht sofort die Frage auf, über welche Kanäle man dieses Profil vermittelt. Wir haben festgestellt, dass es relativ wenige Plattformen gibt, um so etwas zu kommunizieren. Ein Beispiel: Wenn Sie in den Städten Tram fahren, hängen dort ganz viele Plakätchen, auf denen sich Spitäler und Gesundheitsanbieter als Arbeitgeber positionieren wollen. Aber so etwas schafft natürlich nur einen sehr oberflächlichen Kontakt. Deshalb kam uns die Idee, eine Plattform zu schaffen, wo sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Gesundheitswesens austauschen können.
Was kann eine Messe da zusätzlich bieten? Was ist das Besondere?
Es ist nicht nur eine Messe: Sie bietet höchstens eine Basis, wo man sich an den Ständen treffen kann. Aber wir wollen darüber hinaus Möglichkeiten schaffen, wo man vor Ort rekrutieren kann, zum Beispiel mit Interview-Boxen, in denen man sich verabreden kann. Wir wollen eine Infrastruktur bieten, mit der sich jedes Unternehmen gut präsentieren kann. So dass man letzten Endes mit einem geringen Aufwand viel darstellen kann.
CareFair – die Schweizer Jobmesse für Gesundheitsberufe, findet zum ersten Mal im Oktober 2016 statt. Sie ist eingebunden in die Gesundheits-Fachmesse IFAS, die zeitgleich in den Hallen der Messe Zürich durchgeführt wird.
Welches Personal erwarten Sie denn auf der anderen Seite? Welche Berufsleute reisen an für so einen Messebesuch? Normalerweise geht der normale Arzt oder die normale Pflegerin nicht an die IFAS.
Die IFAS hat ja schon mal 16'000 Besucher, die eine potentielle Laufkundschaft bilden. Da gibt es nicht nur Einkäufer. Darunter befindet sich zum Beispiel durchaus auch Pflegepersonal: Leute, die zum Beispiel von den Spitälern entsandt werden, um sich mit neuen Produkten vertraut zu machen. Aber vor allem wollen planen wir gezielte Kooperationen, zum Beispiel mit Fachhochschulen. Und diese sind wiederum interessant für potentielle Arbeitnehmer aus den Bereichen Medizin, Therapien, Pflege.
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«Nicht nur Einkäufer»: Messe IFAS in Zürich (Bild: IFAS/Gnb)
Wie geht es weiter? In welchen Funktionen und Berufen im Health-Bereich wird der Mangel in nächster Zeit noch akuter?
Zum einen hat es einen enormen Mangel an Personen, die Fachkompetenz verbinden mit Führungskompetenz. Es gibt grosse Probleme, die richtigen Personen auf der Kaderebene zu finden – Personen zum Beispiel, denen es Spass macht, nicht im System zu arbeiten, sondern am System. Dieser Aspekt wird in den nächsten Jahren noch wichtiger werden: Leute zu finden, die Stationen durchleuchten, die am Case Management arbeiten, am Qualitätsmanagement. Weiter tun sich viele Spitäler in ausgewählten Bereichen schwer, insbesondere in der Notfallmedizin oder in Intensivstationen. Und dann gibt es noch die Lage in den Pflegeheimen: Hier ist es vom Finanziellen her knapp – und wenn man noch die demographischen Perspektiven anschaut,…
…dann ist nach allen ökonomischen Regeln eines klar: Die Löhne müssten hier steigen.
Ja, aber es fragt sich, ob dies das Problem alleine lösen würde. Es fehlt einfach auch der Nachwuchs an Personen, die Stellen sind auch verbunden mit grosser Belastung oder mit Einschränkungen wie zum Beispiel dem Schichtbetrieb. Man wird das Problem teils politisch angehen müssen, teils über die Ausbildung. Aber ein Teil der Lösung müsste schon auch von den Leistungserbringern selber kommen. Wenn diese eine Plattform haben, wo sie sich bewusst als gute Arbeitgeber präsentieren, dann ist dies auch ein erster Schritt.
An Nachwuchs fehlt es eigentlich nicht: Die Gesundheits-Lehrberufe verspüren ja sogar eine steigende Beliebtheit.
Das stimmt, aber in diesem Bereich gibt es einfach auch viele Leute, die relativ bald wieder aussteigen. Oder die nur noch Teilzeitstellen wollen. So etwas hat auch viel mit der Kultur in den Spitälern zu tun. 
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