Personalisierte Medizin: Ärzte in der Schweiz fühlen sich ungenügend informiert

Geht es um das grosse Thema der individualisierten Medizin, herrscht Ernüchterung: Die meisten Ärzte in Weiterbildung geben an, sich nicht oder mittelmässig informiert zu fühlen.

, 24. September 2019 um 05:08
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Die Bedeutung der personalisierten Medizin für die Prävention, Diagnose und Therapie nimmt stetig zu. Eine Studie hat nun die Kenntnisse und Einstellungen von Ärzten in der Schweiz zum Thema unter­sucht.
Befragt wurden über 8'200 Ärzte in Weiterbildung und über 1'500 Leiter einer Weiterbildungsstätte. Durchgeführt hat die Umfrage das Institut für Environmental Decisions (IED) der ETH Zürich. 
Die wichtigsten Resultate auf einen Blick:
  • 35 Prozent geben an, sich über das Thema Präzisionsmedizin (überhaupt) nicht informiert zu fühlen, während 48 Prozent sich mittelmässig und 17 Prozent sich (sehr) gut informiert fühlen.
  • Ärzte in Weiterbildung in der Allgemeinen Inneren Medizin, der Gynäkologie und der Psychiatrie fühlen sich über personalisierte Medizin besser informiert als die Ärzte in Weiterbildung der anderen Fachrichtungen.
  • Rund 39 Prozent der Ärzte in Weiterbildung räumen der individualisierten Medizin einen (sehr) hohen Stellenwert für die Patientenbetreuung ein, 48 Prozent sehen einen mittleren und 13 Prozent einen (sehr) tiefen Stellenwert.
  • Bei den Weiterbildungsstättenleitern zeigt sich ein ähnliches Bild: 43 Prozent sehen einen (sehr) hohen Stellenwert der Präzisionsmedizin, 40 Prozent einen mittleren und 17 Prozent einen tiefen bis sehr tiefen Stellenwert.
  • Ein Grossteil der Befragten wünscht sich eine stärkere Thematisierung der personalisierten Medizin in der Weiterbildung (48 Prozent der Ärzte in Weiterbildung, 55 Prozent der Leiter der Weiterbildungsstätten).
  • 23 Prozent der Ärzte in Weiterbildung und 59 Prozent der Weiterbildungsstättenleiter mussten bereits einmal einem Patienten die Ergebnisse eines genetischen Tests erklären.
  • Bedenken bestehen vor allem in Bezug auf spezifische Risiken wie beispielsweise die Verunsicherung der Patienten oder den Datenschutz und die Privatsphäre der Patienten.
  • Generell sind die Ärzte in Weiterbildung mehrheitlich für die Schaffung der neuen Berufsgattung des «Genetic Counselors», während die Leiter von Weiterbildungsstätten sich mehrheitlich dagegen aussprechen.

In Aus- und Weiterbildung einfliessen lassen

Insgesamt, so das Fazit der Autoren, weisen die Ergebnisse darauf hin, dass ein Bedürfnis besteht, die personalisierte Medizin in der in der Aus- und Weiterbildung stärker zu thematisieren.    

Auf das Individuum zugeschnitten

Die personalisierte Medizin sieht vor, dass zusätzlich zum Krankheitsbild Informationen über die biologische Ausstattung sowie weitere Gesundheitsdaten für die Behandlung einer Person einbezogen werden – zum Beispiel genetische Daten. Davon erhofft man sich wirksamere Therapien und weniger Nebenwirkungen.
Die personalisierte Medizin wird zurzeit primär in der Onkologie und in einzelnen anderen Fachgebieten eingesetzt. In der Schweiz wurden in den letzten Jahren diverse private und öffentliche Initiativen im Bereich der personalisierten Medizin und Gesundheit lanciert. Der Fokus der meisten Initiativen liegt auf der Forschung. Die derzeit umfassendste, mit öffentlichen Fördergeldern finanzierte Initiative ist die Swiss Personalized Health Network (SPHN) Initiative.
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