Neue Impfpflicht in Deutschland gilt nur theoretisch

Eigentlich müsste in die Deutschland nun alles medizinische Personal geimpft sein. Doch richtig durchsetzen wird sich diese Impfpflicht wohl kaum.

, 17. März 2022 um 06:00
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Seit gestern gilt in Deutschland eine Impfpflicht für medizinisches Personal. Derzeit deutet allerdings nichts darauf hin, dass deutsche Spitäler, Heime und Praxen diese auch durchsetzen. Das hat mehrere Gründe.

Niemand will Personal entlassen

In Deutschland herrscht wie in der Schweiz auch Personalmangel im Gesundheitswesen. Spitäler, Heime und Arztpraxen haben nicht das geringste Interesse daran, Angestellte zu entlassen, auch wenn sie ungeimpft sind.

Gesundheitsämter sind überlastet

Spätestens am 15. März hätten Angestellte ihre Impfnachweise oder Impfdispense vorlegen sollen. Seit heute müssen Arbeitgeber ihr zuständiges Gesundheitsamt über Ungeimpfte informieren. Die Behörden müssten diese nun auffordern, Nachweise vorzulegen, sprich sich impfen zu lassen. Doch Fristen nennt das Gesetz nicht – und Gesundheitsämter sind bundesweit überlastet, wie die deutsche Gesundheitsplattform Medscape meldet.

Grosser Ermessensspielraum

Kommen Angestellte der Aufforderung nicht nach, könnte das Gesundheitsamt über Tätigkeits- oder Betretungsverbote entscheiden. Könnte. Denn wenn das Personal knapp oder die Infektionsgefahr gering ist, müssen die Behörden nicht eingreifen. Der Ermessensspielraum ist also gross.

Erst einmal abwarten

Die Länder sind für die Umsetzung der Impfpflicht zuständig. Und diese zeigen keine grosse Lust dazu: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CDU) spricht von «grosszügigen Übergangsregelungen»  und will erst einmal abwarten. Es brauche Zeit, «um das Ganze vernünftig zu gestalten», sagte er im Februar. Derzeit werden Ungeimpfte nur kontaktiert und beraten. Von Bussen, Entlassungen oder Betretungsverboten ist derzeit keine Rede.

Viele sind sowieso geimpft

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat Ende November 2021 gemeldet, dass in Heimen 81 Prozent des Personals geimpft seien, in Spitälern sollen es sogar 92 Prozent sein.

Nur noch knapp neun Monate gültig

Möglicherweise erledigt sich die ganze Frage sowieso, bevor die Impfpflicht tatsächlich Auswirkungen zeigt. Am 1. Januar 2023 treten die Regelungen voraussichtlich ausser Kraft.

Auch andere Länder krebsen zurück

Grossbritannen hat vor gut zwei Wochen darauf verzichtet, auf Anfang April eine Impfpflicht fürs Gesundheitspersonal einzuführen. Das führt nun auch in Frankreich zu Diskussionen. Dort muss das Personal seit letztem September geimpft sein. Doch seit Montag braucht die übrige Bevölkerung in Frankreich kein Covid-Zertifikat mehr. Deshalb pocht nun auch das Gesundheitspersonal auf eine Abschaffung der Impfpflicht.
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