Schlammschlacht unter Chirurgen im Kinderspital

Die öffentlich gewordene Entlassung eines Herzchirurgen am Kinderspital Zürich befeuert nun Gerüchte um den abrupten Abgang von Michael Hübler.

, 18. April 2019 um 05:00
image
Zwischen den Abteilungen Kinderherzchirurgie und der kardialen Intensivstation im Zürcher Kinderspital (Kispi) soll ein gespanntes Verhältnis herrschen. Dies berichtet der «Tages-Anzeiger» am Donnerstag. Es gehe dabei, wie mehrere Personen bestätigen, unter anderem um Fragen wie: leben oder sterben lassen.
«Vermutlich spielte dieser Zwist auch bei der ­Trennung von Michael Hübler eine Rolle», schreibt die Zeitung. Bis heute ist unklar, warum Hübler das Kispi verlassen hatte. Zwischen den Parteien wurde Stillschweigen vereinbart. Vergangenen November gab das Spital überraschend die sofortige Trennung des weitherum geschätzten Leiters der Kinderherzchirurgie bekannt.
Das Kispi widerspricht gegenüber dem Tagi dieser Sichtweise. Die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen sei zwar sehr anspruchsvoll und herausfordernd, es gebe viele Schnittstellen und Diskussionen. Diese seien aber stets konstruktiv und im Ergebnis zielführend.

Absichtliche Stiche während OP? 

Trotzdem scheint im Zürcher Kinderspital einiges im Argen zu liegen. Wie der «Tages-Anzeiger» weiter schreibt, richtet ein ehemaliger Herzchirurg happige Vorwürfe an den aktuellen Interimsleiter der Kinderherzchirurgie. Nebst Mobbing soll dieser ihn während gemeinsamen Operationen mehrfach und wiederholt mit Messer, Nadeln und anderem OP-Besteck verletzt haben. 
«Er hat mich jeden Tag ein- oder zweimal gestochen», wird der Arzt zitiert. Ein Kardiotechniker und ein zweiter Zeuge bestätigen die Stichverletzungen.
Das Kispi weist die Vorwürfe gegenüber der Zeitung als «falsch und haltlos» zurück. Dass es unabsichtliche Schnitt- oder Stichverletzungen gebe, komme hin und wieder vor, sei aber eher selten. Man weiss nur von «zwei internen Unfallmeldungen» des betroffenen Arztes.

Strafanzeige und Hungerstreik

Der ehemalige Assistenzarzt, der im vergangenen Dezember entlassen wurde, hat nun Strafanzeige gegen drei Leitende Ärzte des Kinderspitals Zürich eingereicht. Er beschuldigt den Interimsleiter der Kinderherzchirurgie, den Direktor der Chirurgischen Klinik sowie den Ärztlichen Direktor der Verleumdung und der üblen Nachrede. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Seit Anfang April befindet sich der gefeuerte Herzchirurg zudem im Hungerstreik, wie die Zeitung weiter berichtet. Er protestiere damit gegen die Begründung seiner Entlassung im Dezember 2018 und gegen die Situation auf der Herzchirurgie.
Das Kinderspital hatte dem Kinderherzchirurgen im Dezember gekündigt. Gründe waren unter anderem «ungenügendes Leistungsverhalten», «fehlenden Respekt» und ein «häufiges Fernbleiben von ­offiziellen internen Veranstaltungen». Die Kündigung des Arztes habe aber keinen Zusammenhang mit der Freistellung von Michael Hübler, wird das Kispi zitiert. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Viktor 2023: «Ich freue mich auf die Bekanntgabe der Gewinner»

Hirslanden-CEO Daniel Liedtke ist in der Jury des Viktor Awards, zugleich unterstützt die Spitalgruppe die Aktion bereits zum zweiten Mal. Weshalb, sagt er im Interview.

image

Bern: 100 Millionen, um die Spitäler zu stützen

Die Kantonsregierung plant einen Finanzschirm, damit Listenspitäler im Notfall gerettet werden können.

image

LUKS Luzern: Neuer Leiter des Radiologie-Zentrums

Alexander von Hessling ist seit 2015 am Institut für Radiologie und Nuklearmedizin des LUKS und hat die Sektion für Neuroradiologie aufgebaut.

image
Die Schlagzeile des Monats

«Es kann ja nicht sein, dass die Kernkompetenz der Jungen die Administration ist»

In unserer Video-Kolumne befragt François Muller jeweils Persönlichkeiten aus der Branche zu aktuellen Fragen. Diesmal: Michele Genoni, Präsident der FMCH.

image

Onkologie: Von diesen fünf Behandlungen wird abgeraten

Dazu gehört der Einsatz der PET für die Früherkennung von Tumorrezidiven und die prophylaktische Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit.

image

Basler Privatspitäler wollen auch günstige Darlehen vom Kanton

In Basel geht der Streit zwischen Privatspitälern und Universitätsspital weiter: Die Privatspitäler wollen künftig ebenfalls Kredite vom Kanton.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.