Medizinische Hilfsmittel: Noch mehr Druck aufs BAG

Das BAG kündigte zu Wochenbeginn an, die so genannte MiGeL-Liste bis 2017 zu überarbeiten. Viele fordern nun: Das muss schneller gehen.

, 4. März 2016 um 09:40
image
Zu Wochenbeginn lancierten der «Kassensturz» wie die Konsumenten-Radiosendung «Espresso» das Thema der MiGeL – jener Liste also, welche die Kassenpreise für medizinische Hilfsgüter festlegt.
Gezeigt und genannt wurden Beispiele wie Kompressen, die im Einkauf 30 Rappen kosten, aber dank MigeL für 9,70 Franken abgerechnet werden müssen; oder Fussbandagen, für die im Endpreis 126 Franken berappt werden.

Arbeit im Schneckentempo?

Daniel Bach, der Kommunikationschef des BAG, gestand im Interview mit dem «Kassensturz» ein, dass hier Handlungsbedarf besteht – und kündigte an, dass die Liste bis «Mitte / Ende 2017» überarbeitet wird.
Damit offenbar nicht genug. Im Online-Forum des «Kassensturz» reihen sich seither die Kommentare, die genau diesen Punkt angreifen. Kernfrage: Warum geht das so lange?
«Das BAG arbeitet im Schneckentempo, solche Listen sind im Nu angepasst», so einer von derzeit rund 250 Einträgen (Stand Freitag). Oder: «Anständig wäre es, wenn sie das sofort in Ordnung bringen würden».
Die SRF-Radiosendung «Espresso» meldet inzwischen, dass im Rahmen der laufenden Session gleich auch ein politischer Vorstoss zum Thema eingereicht wurde. Die SP-Nationalrätin Bea Heim verlangt in einer Anfrage an den Bundesrat Auskunft – und fordert, dass die Liste rascher überarbeitet werde (zum Text des Vorstosses)
Eineinhalb Jahr zur Anpassung der Preisliste – das sei zu viel, so die Solothurner Gesundheitspolitikerin. 

Die Kommission tagt nicht so oft

BAG-Sprecher Daniel Bach erinnert auf der anderen Seite daran, dass die Liste etwa 40'000 Produkte umfasst, und er erinnert in «Espresso» ans vorgeschriebene Vorgehen:

  • Erst müsse der Preis in der Schweiz geprüft werden,
  • dann gelte es, diesen Preis mit 9 anderen europäischen Ländern zu vergleichen;
  • dann muss ein neuer Preisvorschlag erarbeitet werden;
  • dieser Vorschlag muss von einer Expertenkommission geprüft werden (und die tagt nur zweimal jährlich);
  • dann prüft das Departement EDI diesen Vorschlag nochmals.

Bea Heim fordert denn auch ein pragmatischeres Vorgehen – also ein gestaffeltes. Bei absurd überhöhten Preisen für Medizinprodukten könne man ja auch sofort eingreifen. Die Politikerin will denn auch durchsetzen, dass das Aufsichtsgremium des BAG, die Geschäftsprüfungskommission, in dieser Richtung Einfluss ausübt.

Volkes Stimme: Kommentare auf der «Kassensturz»-Site zur MiGeL-Liste



  • «Ich arbeite als Wundmanagerin in einer Spitex. Wir haben tagtäglich mit der MiGelliste zu tun. Wie oft schon dachte ich: diese Liste ist wohl von Laien bestimmt worden!»
  • «Es darf doch nicht war sein. Jeder Grossverteiler verfügt über ein Sortiment von eben so vielen Artikel wie das BAG und diese Liste wird jeden Tag gepflegt, also Preisanpassungen vorgenommen.»
  • «Überteuerte Medizinalgeräte: Unglaublich, was sich unsere Behörden betreffend Kosten Gesundheitswesen erlauben. Dass eine Überarbeitung der überteuerten Artikel ca. 16 - 24 Monate dauert, kann doch nicht sein.»
  • «Ein Beispiel von vielen. Das Gesundheitswesen ist krank; ausser den Profiteuren hat niemand ein Interesse, grundsätzlich etwas zu ändern. In der Privatindustrie wären die Verantwortlichen (nicht Herr Bach, der es nur aussitzen muss) schon lange gefeuert worden.»

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Thomas Boyer und die vier Hauptprobleme im Gesundheitswesen

Der Chef der Groupe Mutuel prüft den Austritt aus dem Kassenverband Santésuisse.

image

29 von 30 Apotheken wollten teurere Medikamente verkaufen

Ein Test des «K-Tipps» gibt ein wenig schmeichelhaftes Bild ab: Nur eine Apotheke empfahl wunschgemäss auf Anhieb das billigste Medikament.

image

Apothekenriese Phoenix plant weitere Expansion in der Schweiz

Die Benu-Apothekengruppe hat soeben die 100. Filiale im Land eröffnet. Es sollen noch mehr werden.

image

Viel Zustimmung für Kostenbremse im Gesundheitswesen

Bald kommt eine Initiative vors Volk, welche die Healthcare-Branche massiv betreffen könnte. Sie hat offenbar intakte Chancen.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

«Das Problem ist die Bürokratie, welche die Kassen selber mitverursachen»

Der Kardiologe Michel Romanens kämpft seit Jahren gegen die WZW-Ermittlungs-Verfahren der Versicherer. Nun erhält er massive Unterstützung durch ein Bundesgerichts-Urteil. Was sind die Folgen?

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.