Medikamenten-Zulassung: Schweiz braucht ein Dreiviertel Jahr länger als die USA

Dafür ist die Zulassungsbehörde Swissmedic bei der Bearbeitungszeit für die wissenschaftliche Begutachtung die drittschnellste Behörde. Dies zeigt ein internationaler Vergleich.

, 15. Juli 2020 um 07:24
image
  • swissmedic
  • medikamente
Die mittlere Zulassungszeit für Gesuche mit neuen aktiven Substanzen (NAS) betrug 2019 in der Schweiz 520 Tage. Das sind 277 Tage mehr als die US Food and Drug Administration (FDA. Dies zeigt ein Vergleich mit sechs grossen Aufsichtsbehörden, durchgeführt vom Centre for Innovation in Regulatory Science (CIRS).
image
Screenshot CIRS RD Briefing 77

«Mit 520 Tagen zu lang»

«Die Zulassungszeit ist mit 520 Tagen zu lang», sagt Swissmedic. Insbesondere der Labelling-Prozess nach Abschluss der wissenschaftlichen Begutachtung nehme nach wie vor «zu viel Zeit» in Anspruch und sei Gegenstand weiterer Optimierungsmassnahmen.
Swissmedic wird vor allem an der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) gemessen. Die FDA gilt als weltweit schnellste Behörde. Dies ist wahrscheinlich auf die umfassende Nutzung von vereinfachten Zulassungsverfahren zurückzuführen. 

Wo die Behörde sehr gut abschneidet

Im Vergleich wurde erstmals auch die Zeit ausgewiesen, die alleine für die «wissenschaftliche Begutachtung» aufgewendet wird. Bei Swissmedic dauert diese Phase 312 Tage. Damit schneidet die Schweizer Behörde im internationalen Vergleich sehr gut ab: Swissmedic ist nach der FDA und der EMA die drittschnellste Behörde.
Die wissenschaftliche Begutachtung ist die Zeit zwischen den Meilensteinen «Dok. i.O.» und «Vorbescheid Gutheissung», die auch die Beantwortung der «List of Questions» durch die Firma beinhalten. Wie rasch und sorgfältig die Behörden ein Zulassungsverfahren durchführen, ist sowohl für die Industrie als auch für Patienten entscheidend

300 Tage für die beschleunigte Zulassung

Für Gesuche im «beschleunigten Zulassungsverfahren» (BZV) betrug die Gesamtzulassungszeit bei Swissmedic im Jahr 2019 im Schnitt 300 Tage. Zum Vergleich: Die Dauer für die Zulassung von innovativen Arzneimitteln mit hohem therapeutischen Nutzen beträgt bei der EMA 270 und bei der FDA 238 Tage. Die Zeit für die wissenschaftliche Begutachtung betrug im Swissmedic-BZ-Verfahren 187 Tage – ein Wert der von keiner anderen Behörde unterboten wurde.
image
Screenshot CIRS RD Briefing 77

Grosse Unterschiede je nach Therapiebereich

Der Bericht vergleicht nebst regulatorischen Besonderheiten auch die Anzahl und Dauer von Zulassungen in verschiedenen Medikamentenkategorien. So gibt es je nach Therapiebereich grosse Unterschiede der Zulassungszeiten, wie die folgende Tabelle zeigt.
image
Screenshot CIRS RD Briefing 77
  • R&D Briefing 77 das Centre for Innovation in Regulatory Science (CIRS)
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Niklaus Meier und Katharina Blankart

Arzneimittelpreise: Das Swiss Drug Pricing Model könnte Klarheit schaffen

Ein neues Modell hilft, für neue Medikamente den angemessenen Preis zu ermitteln – und so den Verhandlungspartnern Orientierung zu bieten. Die Basis: Effizienz und Evidenz.

image

Pharmafirma streicht in Basel 150 Stellen

Das deutsche Pharma-Unternehmen Bayer baut an ihrem Standort in Basel 150 von rund 1000 Stellen ab. Nicht ganz überraschend.

image

Suizidkapsel ist kein Heilmittel

Swissmedic hat die Suizidkapsel Sarco einer ersten heilmittelrechtlichen Einschätzung unterzogen. Das Resultat ist wenig überraschend.

image

Soignez-moi-Gründer Boichat bringt Generikum-App

Die neue Website Genericum.ai zeigt an, welches Medikament am billigsten ist. Und sie legt Preiserhöhungen offen.

image

Keine Zulassung für Alzheimer-Medikament Lecanemab

Die Europäische Arzneimittelagentur will den Wirkstoff Lecanemab nicht zulassen. Die Nebenwirkungen seien grösser als der Nutzen.

image

Medikamenten-Mangel: Ärzte fordern europäische Strategie

In einer gemeinsamen Resolution verlangen die deutschsprachigen Ärzte-Gesellschaften, dass die Abwanderung der Heilmittel-Produktion nach Asien gebremst wird.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.