Kaum Ausnahmen für Schwangere mit Arbeitsort Spital

Schwanger und ständig unter Kranken? Ärztinnen und Pflegefachfrauen fühlen sich derzeit unsicher und allein gelassen. Denn die meisten müssen weiterarbeiten.

, 2. September 2020 um 08:00
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«Kein Problem, komm zur Arbeit»: Solche und ähnlichen Reaktionen erhielten in den letzten vier Wochen viele Pflegefachfrauen und Ärztinnen, die ihre Vorgesetzten darauf hinwiesen, dass sie schwanger sind.

Zuerst kein Risiko - dann die Kehrtwende

Vor knapp einem Monat stufte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zusammen mit den Schweizer Gynäkologen schwangere Frauen als Personen ein, die von der Pandemie besonders gefährdet sind. Für Pflegefachfrauen und Ärztinnen war dies eine beängstigende Nachricht: Ihr Ansteckungsrisiko im Spital ist sowieso bereits hoch. Und nun gelten sie auch noch als Risikopersonen.
Viele fühlen sich derzeit von ihren Arbeitgebern im Stich gelassen. Dürfen sie zuhause bleiben? Muss sie der Arbeitgeber an einen anderen Arbeitsort versetzen? Müssen sie sich selber um ein Attest der Frauenärztin kümmern?

Arbeitgeber muss für sicheren Arbeitsplatz sorgen

«Die arbeitsrechtliche Situation ist völlig klar», sagt Pierre-André Wagner, Jurist des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), auf Anfrage von Medinside. «Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass Schwangere an ihrem Arbeitsplatz nicht gefährdet sind.»
Das können die Spitäler in den meisten Fällen auch. Denn ein Spital ist nicht grundsätzlich ein gefährlicher Arbeitsplatz für Schwangere. Seit kurzem hat das Nationale Zentrum für Infektionsprävention Swissnoso konkrete Empfehlungen für schwangere Mitarbeiterinnen in Spitälern herausgegeben:
  • Die aktuell empfohlenen Hygienemassnahmen schützen zuverlässig vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2.
  • Schwangere Mitarbeiterinnen können ihre reguläre Arbeit unter Einhaltung der Hygienemassnahmen fortführen.
  • Ausnahme: Schwangere sollen keine bestätigten COVID-Patienten betreuen und nicht in den COVID-Testzentren oder den COVID-Kohortenstationen eingesetzt werden.
  • Schwangere Mitarbeiterinnen sollten deshalb speziell darauf achten, auch in den Pausen und bei Treffen mit anderen Spitalmitarbeitenden die empfohlenen Hygienemassnahmen einzuhalten.

Möglichst rasch mit Vorgesetzten klären

Weder der SBK noch der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) haben bisher Kenntnis von Schwangeren, die Probleme damit hatten, in Spitälern als besonders gefährdete Personen anerkannt zu werden. «Betroffene mussten allerdings schon zuvor immer wieder für ihre Rechte kämpfen», sagt Marcel Marti, stellvertretender Geschäftsführer des VSAO gegenüber Medinside.
In der aktuellen Situation erwartet der Verband, dass die Vorgesetzten direkt auf schwangere Mitarbeiterinnen zugehen. Falls nicht, empfiehlt der Verband den Betroffenen, dass sie sich selber möglichst rasch an die vorgesetzte Person und den Arbeitsmediziner des Spitals wenden. Die Schweizer Spitäler haben mit dem SBK und dem VSAO ein gemeinsames Merkblatt erstellt. Eine Kurzfassung von Punkt 9 zum Schutz von schwangeren Mitarbeiterinnen ist im folgenden Kasten zu lesen.

Das haben die Schweizer Spitäler mit den Pflegefachfrauen und Ärztinnen vereinbart

Der Spitalverband Hplus hat sich mit den beiden Verbänden SBK und VSAO auf folgendes Vorgehen geeinigt:
Schwangere Mitarbeiterinnen dürfen nicht in einem Arbeitsumfeld eingesetzt werden, in dem die Gefahr einer COVID-19-Ansteckung besteht. Das heisst konkret: Schwangere Pflegefachfrauen und Ärztinnen mit direktem Patientenkontakt sollten in einem Umfeld eingesetzt werden, wo das Expositionsrisiko minimal ist, zum Beispiel in der Beratung oder in der Schulung.
Schwangere Mitarbeiterinnen sind berechtigt, auf Kosten des Arbeitgebers ein Zeugnis ihrer behandelnden Ärztin vorzulegen, welches festhält, ob eine Beschäftigung am betreffenden Arbeitsplatz vorbehaltlos, nur unter bestimmten Voraussetzungen oder gar nicht möglich ist.
Schwangere Frauen, die aufgrund der gesetzlichen Schutzvorschriften an der Arbeit verhindert sind, haben Anspruch auf 80 Prozent des Lohnes, soweit ihnen der Arbeitgeber keine gleichwertige Ersatzarbeit zuweisen kann.
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