«Schweizer Patienten erhalten sofort Termine»

Mit einer fragwürdigen Anzeige wirbt derzeit ein Deutscher Facharzt aus Tiengen um Schweizer Privatpatienten.

, 20. März 2018 um 10:21
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  • praxis
  • ärzte
Mehr und mehr Kliniken und Ärzte nutzen ihre Lage an der Grenze, um aktiv um Schweizer Privatpatienten zu werben. So schaltete der HNO-Facharzt Heinz Kusserow aus Tiengen zur Eröffnung seiner Praxis eine Anzeige in der «Aargauer Zeitung». Dabei fällt vor allem der Zusatz auf: «Schweizer Patienten erhalten sofort Termine».
Das deutliche Anwerben von Privatpatienten aus dem Nachbarland sorgt jetzt für Verwunderung und Empörung in der Region Hochrhein, wie der Südwestrundfunk SWR zuerst berichtete. Auf Anfrage der «Badische Zeitung» sagte Kusserow allerdings, seine Anzeige bedeute keine Bevorzugung von Privatpatienten. 

In Deutschland zulässig

Der HNO-Arzt wollte aber nicht weiter dazu Stellung nehmen – nur gegen Bezahlung. Allerdings betonte Kusserow, dass bei ihm Deutsche – auch Kassenpatienten – genauso schnell einen Termin bekämen und keine lange Wartezeit hätten.
Schnell stellt sich hier die Frage, wie weit Werbung für eine Praxis gehen darf? Der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg sei bislang noch keine vergleichbare Anzeige untergekommen, sagte ein Pressesprecher zur Zeitung. Man könne eine solche Anzeige nun gut finden oder nicht, an der Zulässigkeit sei aber nicht zu rütteln.

Marktschreierischer Reklame – unsittlich?

Denn seit 2002 ist auch in Deutschland sachliche berufsbezogene Information gestattet und damit Werbung grundsätzlich zulässig. Aber auch im Nachbarsland gelten Regeln, um einer Kommerzialisierung des Arztberufs entgegenzuwirken. «Berufswidrige Werbung ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung», heisst es im Deutschen Ärzteblatt. 
Dennoch hinterlässt die Anzeige von Heinz Kusserow einen schalen Nachgeschmack, zumal ein solches Inserat in der Schweiz, das eine Vorzugsbehandlung suggeriert, wahrscheinlich den Regeln und Richtlinien der FMH nicht standhalten würde. 
  • FMH-Richtlinien «Information und Werbung»
(...) Die Information beeinträchtigt das Ansehen des Arztberufes insbesondere,
  • wenn sie vergleichend Bezug nimmt auf Berufsangehörige wie z.B. herabsetzende Äusserungen über Kollegen und Kolleginnen, ihre Tätigkeit und deren medizinischen Methoden;
  • wenn sie Empfehlungen etc. von Patienten und Patientinnen einbezieht;
  • wenn sie der Selbstanpreisung der eigenen Person dient oder die eigene ärztliche Tätigkeit darstellt durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher oder marktschreierischer Weise;
  • wenn sie beim Publikum ungerechtfertigte Erwartungen weckt oder sonst irreführenden oder täuschenden Charakter hat;
  • wenn sie unwürdig oder unseriös ist oder die guten Sitten verletzt;
  • wenn sie primär auf einen Werbeeffekt abzielt.
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