Grundversorgung: Pflegeprofis bieten noch mehr Potential

Wenn Ärzte in der Betreuung älterer Personen durch Pflegefachleute ersetzt werden, dann wirkt sich das kaum schlechter auf die Resultate aus. Und manchmal sogar besser.

, 7. April 2017 um 22:11
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Es ist eine bekannte Idee: Angesichts einer alternden Bevölkerung und eines notorischen Mangels an Ärzten wird wohl ein Teil der ärztlichen Aufgaben an andere Profis abgetreten werden müssen – etwa an Apotheker und Pflegefachleute. Oder spezifischer auch an Leute mit entsprechenden Aus- und Weiterbildungen im angelsächsischen Stil wie Advanced Nursing Practitioners oder Physician Assistants.
Doch wie wirkt sich das konkret aus? Dieser Frage ging ein Forscherteam der Universität im holländischen Nijmegen nach. Es durchforstete alle vorhandenen Studien ab 1991 nach möglichen Konsequenzen, wenn andere Fachleute in der Grundversorgung die ärztliche Rolle übernahmen: Wie waren die Resultate? Wie veränderten sich die Prozesse? Wie der Ressourceneinsatz? Wie die Kosten?
 Wobei sich das Team auf den Umgang mit älteren Patienten über 65 Jahren konzentrierte. Und am Ende auf 16 Forschungsarbeiten stiess, welche die Differenzen konkretisierten.

  • Marleen H. Lovink, Anke Persoon, Raymond T.C.M. Koopmans et al.: «Effects of substituting nurse practitioners, physician assistants or nurses for physicians concerning healthcare for the aging population: a systematic literature review», in: «Journal of Advanced Nursing», März 2017.

Heraus kamen einerseits Ergebnisse, die wenig überraschen: Ob eine Gruppe von Menschen von Ärzten oder von Pflegefachleuten behandelt wurde – in der Mortalität zeigten die erfassten Studien keine Unterschiede auf.
Auch bei den Beobachtungen von Patientenresultaten wie Morbidität, Zufriedenheit oder Gesundheitszustand waren die Ergebnisse in der Hälfte der Fälle identisch. In der anderen Hälfte jedoch zeigte sich sogar ein positiver Effekt, wenn so genannte PA oder NP die Rolle der Ärzte übernahmen.

Weniger ungeplante Konsultationen

Konkret deuteten zum Beispiel zwei Studien an, dass in diesem Fall die Zahl der ungeplanten Konsultationen jeweils sogar tiefer lag.
Positiv beim verstärkten Einsatz von Pflegepersonal erschien auch ein weiterer Aspekt: die Kosten. Zwei Studien liessen ahnen, dass die Betreuungskosten im Nursing-Modell tiefer waren.
«Alle Erhebungen zeigten in dieselbe Richtung», lautet also ein Fazit: «Es ist möglich, Ärzte durch Nurse Practitioners, Physician Assistants oder Pflegefachkräfte (Nurses) zu ersetzen und dabei mindestens die Qualität zu halten und die Kosten nicht zu steigern.»

Bleibt die Frage: Warum?

Erwähnt sei allerdings, dass es an Erklärungen fehlt – insbesondere für die angedeuteten positiven Effekte. Der Überblick zeige, dass die Veränderung des Systems mit einer Reihe von organisatorischen und sozialen Anpassungen verbunden, die alle ihren Einfluss haben dürften, so die Autoren. Die Resultate lassen sich also nicht einfach direkt der ärztlichen Arbeit einerseits beziehungsweise dem pflegerischen Know-how andererseits zurechnen.
Und erwähnt sei auch, dass ohnehin nur Betreuungssituationen in der Grundversorgung und in Heimen beobachtet wurden.


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