Gesundheitsökonomen plädieren für Kopfpauschalen

Capitation­-Modelle spielen in der Schweiz kaum noch eine Rolle. Dabei sind regionale Gesundheitsbudgets laut Gesundheitsökonomen «effi­zien­ter» als andere Lösungen.

, 25. Februar 2020 um 12:24
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Gesundheitsökonomen der Techni­schen Hochschule Rosenheim und der Universität Bayreuth sprechen sich aus für die Einführung regionaler Gesundheitsbudgets auf der Grundlage von Pau­scha­len pro versicherte Person.
In einer Studie im Auftrag der «Stiftung Münch» kommen die Wissenschaftler zum Schluss: Capitation-Modelle können Sektorengrenzen überwinden, die Koordination der Patientenversorgung verbessern und zu einer spürbaren Kostenreduktion führen.

Sparen ohne Qualitätsverlust

Bei Capitation wird der Leistungserbringer über eine Kopfpauschale entschädigt. Sie erhalten für einen bestimmten Zeitraum pro Kopf eine Summe für die gesamte medizinische Versorgung eines Versicherten, unabhängig davon ob Leistungen benötigt wurden oder nicht.
Für ihre Studie haben Franz Benstetter, Michael Lauerer, Daniel Negele und Andreas Schmid Kopfpauschalenmodelle in verschiedenen Ländern analysiert: darunter Spanien, Schweiz, USA und Peru. Keines der Modelle präsentiere sich zwar als «die» Ideallösung. In Spanien sei es aber gelungen, signifikante Einsparun­gen zu erzielen, ohne dabei die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen.

Niedergang in der Schweiz

Auch in den USA sind diese Modelle unter der Bezeichnung «Accountable-Care-Organizations» wieder auf dem Vormarsch. Im Zuge der Managed-Care-Bewegung war die Schweiz zu Beginn der 1990er Jahre Vorreiterin bei Capitation-Modellen. Heute spielen sie laut den Gesundheitsökonomen kaum noch eine Rolle. Dabei seien sie effi­zien­ter als andere Modelle. 
Als Grund für den Niedergang der Kopfpauschalenmodelle in der Schweiz nennen die Wissenschaftler unter anderem, dass die Modelle für Leistungserbringer und Versicherte restriktiv wirkten und die Anreize durch höhere Honorare oder niedrigere Versicherungsprämien für Ärzte und Patienten nicht ausreichten.

Benötigt Regulativ und digitale Infrastruktur

Die Einführung der Regionalbudgets, so die Ökonomen weiter, könne schrittweise in Pilotregionen beginnen und solle dabei regionale Stakeholder einbeziehen. Ziel müsse einerseits die Ausrichtung an der Versorgungsqualität sein. Anderseits solle das Regionalbudget stationäre und ambulante Leistungen abdecken, damit ein Anreiz zur Ambulantisierung stationärer Leistungen entstehe. 
Gleichzeitig sei es für das Gelingen von Capitation-Modellen wichtig, dass sowohl für Leistungserbringer als auch für die Versicherten ein wirtschaftlicher Nutzen erkennbar sei. Zudem benötige es einen Wettbewerb zwischen den Regionen als Regulativ und eine digitale Infrastruktur zur Koordination, zum Beispiel über ein elektronisches Patientendossier.


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