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Für eine Medizin und Pflege der Zuwendung

Von zuviel Technologie und Ökonomie...

, 23. Mai 2019 um 05:00
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In unserer von Technologie und Ökonomie geprägten Welt vertrauen wir unsere Gesundheit immer stärker der Gesundheitswirtschaft an, die sich auf den technologischen Fortschritt und auf Gesundheitsmarketing abstützt. Wir konsumieren immer mehr angebliche Gesundheitsleistungen und werden doch nicht gesünder.
Auch im Falle der Gesundheitsleistungen wäre wie so oft, weniger mehr. Letzteres gilt natürlich nicht, wenn es sich um lebensbedrohliche Situationen nach Unfällen oder schweren Erkrankungen handelt. sondern in erster Linie für sogenannt nicht übertragbare Krankheiten. Zu deren fünf wichtigsten zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Atemwegs- und muskuloskelettale Erkrankungen. Diese verursachen 80 % direkten Gesundheitskosten. Und mehr als die Hälfte dieser Erkrankungen könnten mit einem gesunden Lebensstil vermieden oder zumindest verzögert werden. Und damit könnte wohl auch viel Leid von Betroffenen und deren Angehörigen gemildert werden.
Unser Gesundheitswesen baut darauf, dass gesund nur derjenige ist, der nicht ausreichend untersucht wurde. Diese Untersuchungen bringen medizinische Diagnosen an den Tag, die es erlauben, medizinische Leistungen zu erbringen und diese die zu Lasten der sozialen Krankenversicherung abzurechnen. Wie das im Leben funktioniert und was die Folgen dieser Praxis sind, lässt sich vergnüglich nachlesen in der Komödie «Knock – oder der Triumph der Medizin» von Jules Romain. Darin wird gezeigt, wie gesunde Menschen zu dankbaren und vor allem zahlenden Betroffenen gemacht werden.
Weniger vergnüglich geht es zu und her im Artikel «Die Abschaffung der Gesundheit» von «Spiegelonline» aus dem Jahr 2003, der bis heute an Aktualität nichts eingebüsst hat. Letzteres belegt das 2012 erschienene Buch von Werner Bartens mit dem Titel «Heillose Zustände». Seither ist auch keine Besserung eingetreten in dieser Hinsicht. Eine solche zeichnet sich leider auch heute noch nicht ab.
Bartens ist nicht der erste und letzte Autor, der den Gesundheitsbetrieb kritisierte. Gleich taten es ihm Giovanni Maio («Geschäftsmodell Gesundheit» 2016, «Medizin ohne Mass», 2014), Paul U. Unschuld («Ware Gesundheit», 2011), Gilbert Welch («Die Diagnosefalle»), Vernon Coleman («Wie Sie Ihren Arzt davon abhalten Sie umzubringen», 2005). Auch den in den 90er-Jahren aufgekommenen Neurowissenschaften schlug Skepsis entgegen (Felix Hasler, «Neuromythologie», 2012,). Zum Thema Gesundheitswesen meldete sich auch der Ökonom Matthias Binswanger («Sinnlose Wettbewerbe», 2010).
Darüber hinaus mehren sich die Kritiken von Patienten, Angehörigen und Verantwortungsträgern am bestehenden Gesundheitssystem. Sie schlagen sich nieder in Zeitungsberichten und Reportagen wie diesen: «Jeder zweite Patient nimmt Psychopharmaka», «Im Gesundheitswesen braucht es eine Revolution», «Krankenkassen haben eigene Kosten nicht im Griff», «Patientin von Starchirurg litt Qualen» - «Sparkurs verleitet zu unnötigen Operationen» - «Man macht die Menschen krank – Ärzte packen aus» - «Patienten mit Implantaten tappen im Dunkeln» - «Geiz und Gier sorgen dafür, dass manche Medikamente nicht lieferbar sind» - «Vor lauter Medizin geht der Mensch vergessen». Stellt man diesen Schlagzeilen das Gelöbnis des Weltärztebundes gegenüber, wird deutlich, wie stark Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Ob aller Kritik am herrschenden System darf nicht vergessen werden, dass es herausragende Leistungen zu Gunsten von Kranken und Verunfallten hervorgebracht hat und weiterhin erbringen wird. Die Frage ist nur ob die damit verbundenen Kosten und deren negativen Auswirkungen auf den Umgang der Menschen mit Krankheit, Sterben und Tod gerechtfertigt sind. Zu diesen zählen Machbarkeitswahn, Anspruchshaltung, Verlust von Eigenverantwortung und der Unfähigkeit auch mit Einschränkungen gut leben zu können.
Die unerwünschten Nebenwirkungen des bestehenden Gesundheitssystems werden vermehrt sichtbar. Die dafür zuständige Politik erweist sich als unfähig, machbare Lösungen zu entwickeln. Dies nicht zuletzt darum, weil die 38 Mitglieder der eidgenössischen Kommissionen für Gesundheit und Soziales insgesamt 90 gesundheitspolitische Mandate innehaben. Das heisst diese Rätinnen und Räte fungieren als Lobbyisten. Bei diesen geht es mit Bestimmtheit um Geld, Macht und Einflussnahme und nicht so sehr um die Förderung des Wohlbefindens der Patienten im Gesundheitssystem.
Ein Umdenken tut also Not.

... hin zu mehr Zuwendung in Medizin und Pflege

Mehr Zuwendung im Gesundheitswesen ist nicht einfach eine romantische Verklärung von ein paar wenigen verirrten Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheitsberufen. Im bereits oben erwähnten Gelöbnis des Weltärztebundes werden Menschlichkeit, Autonomie, Würde der Patienten und Respekt vor dem menschlichen Leben hervorgehoben. All das ist nur zu erreichen, wenn im Gesundheitswesen die Zuwendung neben der Technologie und Ökonomie wieder der ihr zustehende Platz gewährt wird. Dies geht nur, wenn sich Technologie und Ökonomie wieder soweit wie möglich zurücknehmen und sich voll und ganz in den Dienst eines menschlichen Gesundheitswesens stellen. Nicht immer mehr Technologie und Ökonomie ist gefordert, sondern nur soviel wie nötig, um qualitative gute Gesundheitsleistungen erbringen zu können.
Wie das zu schaffen ist haben verschiedene Autoren dargelegt, z. B. Bernard Lown («Die verlorene Kunst des Heilens», 2004), Dietrich Groenemeyer («Gesundheit – Für eine menschliche Medizin», 2015), Giovanni Maio («Den kranken Menschen verstehen», 2015), Peter Spork («Gesundheit ist kein Zufall», 2017), Eckart von Hirschhausen («Wunder wirken Wunder», 2016) und Bruno Kissling/Lisa Bircher («Ich stelle mir eine Medizin vor», 2018). Das Wissen und die Erfahrung sind also vorhanden, um der Heilkunst deren tragenden Säulen Zuwendung und Empathie zurückzugeben. Verschiedene Institutionen und Organisationen haben sich einer menschlicheren Medizin verschrieben. Allen voran ist es die Akademie für menschliche Medizin. Auch das im März 2019 von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften verbreitete Positionspapier «Nachhaltige Entwicklung des Gesundheitssystems» gibt Anlass zu Hoffnung auf Veränderungen, bilden doch Nachhaltigkeit und Menschlichkeit ein unzertrennbares Begriffspaar.
Mit unserer Tagung wollen wir der menschlichen Medizin eine Plattform bieten, die Anstösse geben soll, sich weiter zu verbreiten. Gleichzeitig hoffen wir, diejenigen Kräfte zu vernetzen, denen eine menschliche Medizin ein Herzensanliegen ist. 
Fachleute aller Richtungen aus dem Gesundheitsbereich erleben in ihrem Berufsalltag immer wieder die Grenzen und Schattenseitenseiten unseres technologisierten, ökonomisierten und auf Gewinn ausgerichteten Gesundheitswesen. Auch Patienten und deren Angehörige beklagen sich über die zunehmende Hektik, Bürokratisierung und Entpersonalisierung in den Gesundheitseinrichtungen.
Alle – Berufsleute, Betroffene, Angehörige und am Gesundheitswesen Interessierten - die sich wünschen, dass die menschlichen Bedürfnisse nach Zuwendung, Empathie und Begegnung auf Augenhöhe wieder mehr Platz in der Gesundheitsversorgung erhalten, finden an unserer Tagung die dafür nötigen Anstösse. Die Referentinnen und Referenten garantieren dafür:
  • Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Privatdozent an der Universität St. Gallen
  • Daniel Büche, Vertreter kantonale Ärztegesellschaft St. Gallen, Leitender Arzt Palliativzentrum am Kantonsspital St. Gallen
  • Susanne Hochuli, Präsidentin der Stiftung Patientenschutz, Alt-Regierungsrätin
  • Sr. Liliane Juchli, Pflegepionierin, Autorin und Trägerin des deutschen Bundesverdienstkreuzes
  • Giovanni Maio, Arzt und Medizinethiker, Professor für Bioethik/Medizinethik in Freiburg/DE
  • Ian Needham, ehemaliger Leiter Pflegeforschung Psychiatrische Klinik Wil
  • Beppe Savary, Berg- und Notarzt im Onsernonetal
  • Wilhelm Schmid, Philosoph und ehemaliger philosophischer Seelsorger im Spital Affoltern
  • Priscilla Werner, dipl. Pflegefachfrau HF
  • Aus Patientensicht berichten Vreni Frei Blatter, ehem. Dozentin FHS Pflege St. Gallen, Annett Günzel, M.A. Zentrum für Kompetenz Entwicklung, München/DE, Jürgen Koller, Zentrale Stationsleitung Neurochirurgie, Murnau DE
  • Zusammenfassung und Positionierung des SBK (Schweizerischer Verband der Pflegefachfrauen und -männer) durch die Vizepräsidentin Sophie Ley
Zur Anmeldung

Auf www.lokalhelden.ch/zuwendung suchen wir Unterstützerinnen und Unterstützer um den Anlass kostendeckend durchführen und um ein Tagungsvideo erstellen zu können. Dieses soll öffentlich gemacht werden. Wir bieten den Anlass absichtlich kostengünstig an und haben auf jegliches Sponsoring verzichtet.
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