Erstinstanzlich verurteilt – und sofort rausgeschmissen

Ein Neuenburger Gericht verurteilte einen Gynäkologen wegen sexuellem Missbrauch einer Patientin. Swiss Medical Network kündigte dem Belegarzt umgehend die Zusammenarbeit.

, 22. September 2017 um 13:28
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Der Gynäkologe in Neuenburg wurde gestern erstinstanzlich verurteilt, an einer Patientin unstatthafte sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben; die vorgeworfenen Taten hatten sich 2013 ereignet. Das Urteil des Bezirksgerichts lautete nun auf 14 Monate bedingt.
Die Swiss-Medical-Network-Gruppe reagierte umgehend: Sie entzog ihm die Akkreditierung als Belegarzt an der Clinique Montbrillant. Bemerkenswert ist dies, weil die kantonalen Behörden dem Mediziner die Bewilligung nicht entzogen haben. Auf Radio RTS erklärte der Neuenburger Kantonsarzt, er müsse erst die Sachverhalte prüfen und den Fall «unter dem Gesichtspunkt der beruflichen Pflichten» prüfen.
Swiss Medical Network indes begründete den sofortigen Abbruch der Beziehungen mit dem Wunsch, die Patienten zu schützen. 

Videoanlage im Behandlungsraum

Bereits 2009 hatte eine Patientin dem Mediziner sexuellen Missbrauch vorgeworfen; der Fall konnte aber aussergerichtlich bereinigt werden. Letzten Sommer erregte der Gynäkologe Aufsehen, weil er eine Videoanlage in seinem Behandlungsraum installierte – zum Selbstschutz. Er wolle damit künftig jedes Missverständnis vermeiden und notfalls klarstellen können, weshalb er gewisse Handlungen durchführt, so die Erklärung.
Die Neuenburger Gesundheitsdirektion toleriert die Überwachung. Denn eine Videoüberwachung in privaten Räumen ist gar nicht bewilligungspflichtig. Solange die Patientinnen im Voraus informiert werden, ist die Sache also völlig legal.
Solche Aufnahmen hätten keinen Platz in einer Arztpraxis, widersprach indes Mauro Walter Gusmini, der Präsident der kantonalen Ärztegesellschaft SMN – und er äusserte auf Radio RTS die Befürchtung, dass hier eine gefährliche Bresche geschlagen werde.
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