Ein Urteil mit Folgen

Die Städte und Gemeinden verlangen, dass die Pflegematerialien wieder von den Kassen bezahlt werden. Im Bundesparlament laufen Bestrebungen, ein anderslautendes Gerichtsurteil zu korrigieren.

, 21. September 2018 um 08:27
image
  • pflege
  • spital
  • versicherer
  • migel
  • praxis
  • ständerat
  • politik
Das überraschende Urteil bereitet vielen grosse Nachwehen. Im vergangenen Herbst hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass vom Pflegepersonal verwendete Materialien, die sich auf der Mittel- und Gegenständeliste (Migel) befinden, nicht mehr über die Krankenkassen abgerechnet werden dürfen. Das betrifft etwa Injektionshilfen oder Wundverbände.
Das Gerichtsurteil bringt speziell kleineren Spitexdienste und selbständige Pflegefachpersonen in Schwierigkeiten. Manche Anbieter weichen teilweise auf billigeres Material aus, oder lehnen gewisse kostenintensive Behandlungen ganz ab. Das hat Folgen für die Patienten. Diese lassen sich deshalb öfters in - meist teureren -Spitälern behandeln, welche die auf der Migel aufgeführten Materialien weiterhin über die Kassen abrechnen dürfen. 
Zusatzausgaben von 100 Millionen Franken
Um eine akute Versorgungslücke zu verhindern, finanzieren die Gemeinde, Kantone und Anbieter die Kosten für die Materialien nun über die Restfinanzierung. Gemäss Schätzungen enstehen den neuen Kostenträgern so Zusatzausgaben in der Höhe von rund 100 Millionen Franken.
Der Städte- und der Gemeindeverband sind damit nicht einverstanden. Am Montag verlangten sie von den Bundesparlamentarieren in einem Brief gesetzliche Anpassungen. Die «unklare und unbefriedigende Finanzierungssituation» dürfe kein Dauerzustand bleiben. «Es braucht hier rasche und pragmatische Lösungen.» Die Verbände schlagen vor, die Systemanpassungen auf Verordnungsebene vorzunehmen und die Materialkosten per Anfang 2019 in die Krankenpflege-Leistungsverordnung KLV zu integrieren.
Der Ständerat entscheidet noch in diesem Jahr
Dies fordert auch Ständerat Pirmin Bischof (CVP) in einer Motion. Der Bundesrat beantragt diese zur Ablehnung. Der Ständerat hat am Montag über den Vorstoss debattiert - und ihn zur genaueren Prüfung an seine zuständige Kommission zugewiesen. Im Rat war man sich aber einig, dass die Zeit dränge. Bereits in der kommenden Wintersession soll das Geschäft deshalb wieder im Ständerat behandelt werden.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Pflegemonitoring: Die Lage der Pflege auf einen Klick

Ein neues Tool macht die wichtigsten Daten zum Pflegeberuf greifbar – interaktiv und ganz einfach.

image

Kantonsspital Aarau: Mehr Betten im Neubau

Wegen einer «unverändert hohen Patientennachfrage» plant das KSA nun doch mehr Betten.

image
Gastbeitrag von Anton Widler

Physiotherapie: Eine Aktion gegen den Bewilligungs-Wildwuchs

Bei der Frage, ob bei den Gesundheitsberufen eine Berufsausübungs-Bewilligung nötig ist, gibt es grosse kantonale Abweichungen. Jetzt spielt die Physio-Branchen-Organisation SwissODP nicht mehr mit.

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.