«Efas wird die Macht der Versicherer massiv stärken»

Ambulante und stationäre Krankenkassen-Leistungen sollen aus einer Hand bezahlt werden. Die Reform könnte aber am Widerstand der Kantone und der SP scheitern.

, 23. September 2019 um 07:57
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Die Einführung der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas) gilt als wichtige Reform, um das Schweizer Gesundheitssystem in Richtung mehr Effizienz und Qualität weiter zu entwickeln – und um Fehlanreize zu vermeiden. Dies behaupten zumindest die Befürworter. Mit Efas wird laut dem Versichererverband Curafutura zudem die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich sozialverträglich vorangetrieben.
Am Donnerstag kommt der Vorstoss von Ruth Humbel über das monistische Finanzierungssystem im Nationalrat nun zur Debatte. Seit fast 20 Jahren brütet das Parlament über der Vorlage. Der Vorschlag dürfte im Nationalrat eine Mehrheit finden; bürgerliche Parteien unterstützen die Reform. 
Offen bleibt jedoch, was der Ständerat dann daraus macht. Denn die Kantone haben grosse Vorbehalte gegen den Vorschlag und drohen bereits mit dem Referendum. Kritisiert wird nebst dem Einbezug der Langzeitpflege, dass die Kantone keine Kontrolle über die korrekte Abrechnung im ambulanten Bereich erhielten, obwohl sie künftig mitfinanzieren sollten.

«Zusatzversicherungen werden lukrativer»

Auch die SP wehrt sich gegen die Vorlage: Die Sozialdemokraten kritisieren, dass einige Privatkliniken besser gestellt werden. Denn Vertragsspitäler, die auf keiner kantonalen Spitalliste stehen, profitieren ebenfalls davon, dass die Grundversicherung künftig mit dem neuen Verteilschlüssel 77,4 Prozent der Behandlungskosten übernimmt –statt wie bisher 45 Prozent. 
Die gesteigerte Attraktivität der Vertragsspitäler, so die Befürchtung, könnte zu Mengen- und Kapazitätsausweitungen führen – und zu höheren Kosten, behaupten die Sozialdemokraten. Somit dürften auch Zusatzversicherungen laut der SP lukrativer werden. 

«Als nächstes die freie Arztwahl»

Es sei die Lobby der Krankenversicherer, die Efas zulasten der Bevölkerung einführen wolle, so das Fazit der Partei. «Efas wird die Macht der Versicherer massiv stärken. Und wer zahlt, befiehlt», sagt Yvonne Feri, SP-Nationalrätin und Aargauer Regierungsratskandidatin. 
«Als nächstes werden die Kassen die freie Arztwahl angreifen, um nur noch die ihnen genehmen Ärztinnen und Ärzte unter Vertrag zu nehmen», so Feri weiter. Für die SP ist die Reform ein «Subventionsprogramm für Zusatzversicherungen und Privatspitäler». Die Mehrheit der Fraktion wird am Donnerstag deshalb nicht darauf eintreten.

Besserstellung vernachlässigbar

Für Ruth Hum­bel haben die Vertragsspitäler in der medizinischen Versorgung aber eine zu geringe Bedeutung. Auch die Krankenkassenverbände halten die Besserstellung der Vertragsspitäler für «vernachlässigbar». Die Kantone hätten genügend Möglichkeiten zur Steuerung des Angebots. Zudem würde Efas alternative Versicherungsmodelle attraktiver machen und der Integrierten Versorgung zusätzlichen Schub verleihen. 
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