Finanzdepartement soll Gesundheitsdossier abgeben

In den meisten Kantonen gibt es Departemente für Gesundheit und Soziales. Nicht so im Kanton Obwalden. Dies könnte sich nun aber ändern.

, 19. Mai 2021 um 18:00
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In der Schweiz gibt es 26 verschiedene Gesundheitssysteme. Jeder Kanton verfügt über eine eigene Gesundheitsgesetzgebung und Gesundheitspolitik. Dabei üben die Kantone verschiedene Rollen aus und sind dabei Interessen- und Zielkonflikten ausgesetzt: Sie erstellen Spitallisten, genehmigen Tarife, vergeben Leistungsaufträge oder legen Mindestfallzahlen fest.
Zum Tragen kommt diese Mehrfachrolle gleichzeitig bei der politischen Zuständigkeit des Gesundheitsdossiers in den kantonalen Departementen. Die meisten Kantone haben ein eigenes Gesundheits- und Sozialdepartement. In einzelnen Kantonen ist dies aber (noch) nicht der Fall. Zum Beispiel in den Kantonen Glarus, Neuenburg, Thurgau und Obwalden, wo die Gesundheitsämter beim Finanzdepartement angesiedelt sind (siehe Liste unten). Die Verteilung scheint in manchen Kantonen zudem keinen festgelegten Regeln zu folgen. 

Gesundheitsamt vom Finanzdepartement herauslösen

Für den Kanton Obwalden will die CSP-Fraktion die Zuständigkeit des Gesundheitsdossiers nun ändern. In einem Vorstoss verlangen Kantonsräte die Trennung vom Gesundheitsamt vom Finanzdepartement. Per 1. Juli 2022 sei das Amt aus dem Finanzdepartement herauszulösen, steht im Papier zu lesen. Und der Gesundheits- und der Sozialbereich sollten künftig gemeinsam unter einem Dach sein. 
Begründet wird das Anliegen mit den Zielkonflikten innerhalb des Departements. «Der Chef des Finanzdepartements trägt verschiedene Hüte gleichzeitig», was zu Problemen führen könne. In die Zuständigkeit des Finanzdepartementes würden generell «viele gewichtige Themen» fallen: «die herausfordernde Finanzlage des Kantons, Gesundheitsstrategie, Spital, Akutversorgungsstrategie, Steuern, Prämienverbilligung IPV, Gesundheitsamt.»
Hinzu komme, dass Themen wie eine neue Altersstrategie oder Prävention von den Bereichen Gesundheit und Soziales bearbeitet werden müsse, heisst es. Dies erfordere eine enge Zusammenarbeit und eine ganzheitliche Gesundheitsstrategie in einem Departement. Ansonsten würden die notwendigen «gesundheitspolitischen Weichenstellungen» innerhalb des Finanzdepartements mit dem Anspruch auf möglichst geringe Auswirkungen auf die Kantonsfinanzen konkurrieren.  

Doppelbesetzung führte auch während Pandemie zu Konflikt

Dieser Zielkonflikt zwischen Gesundheitsamt und der Finanzverwaltung habe sich auch im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie gezeigt. Es sind offenbar unklare Situationen bezüglich Federführung und Verantwortlichkeit entstanden, wie gemäss Vorstoss im Bericht des kantonalen Führungsstabs zu lesen ist. Denn: «Sind beide Ämter im gleichen Departement angesiedelt, wird ein grosser Teil der Abwägungen verständlicherweise departementsintern geführt.»
  • Aargau: Departement Gesundheit und Soziales (Gesundheit, Gesellschaft, Verbraucherschutz, Militär und Bevölkerungsschutz)
  • Appenzell Ausserrhoden: Departement Gesundheit und Soziales (Gesundheit, Veterinäramt, Soziales, KESB)
  • Appenzell Innerrhoden: Gesundheits- und Sozialdepartement (Gesundheit, Sozialamt, KESB)
  • Basel–Landschaft: Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (Landwirtschaft, Gesundheit, Veterinärwesen, Industrie, Gewerbe, Arbeit)
  • Basel–Stadt: Gesundheitsdepartement (Rechtsmedizin, Laboratorium, Veterinäramt, Gesundheitsversorgung, Medizinische Dienste, Sucht)
  • Bern: Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (Gesundheitsamt, Amt für Integration und Soziales, Zentrum für Sozial- und Heilpädagogik)
  • Freiburg: Direktion für Gesundheit und Soziales (Amt für Gesundheit, Sozialamt)
  • Genf: Departement Sicherheit, Bevölkerung und Gesundheit (Gesundheit, Militär- und Bevölkerungsschutz, Justizvollzug, Migrationsamt)
  • Glarus: Finanzen und Gesundheit (Finanzen, Steuern, Gesundheit, Personalwesen, Informatik)
  • Graubünden: Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit (Polizei, Justizvollzug, Migration, Militär und Zivilschutz, Gesundheitsamt, Staatsanwaltschaft, KESB)
  • Jura: Volkswirtschafts- und Gesundheitsdepartement (Gesundheitsamt, Veterinäramt, Verbraucherschutz, Wirtschaft und Arbeit)
  • Luzern: Gesundheits- und Sozialdepartement (Gesundheit und Sport, Asyl- und Flüchtlingswesen, Soziales und Gesellschaft, Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz, Veterinärdienst)
  • Neuenburg: Departement Finanzen und Gesundheit (Gesundheit, Finanzen, Gebäude und Immobilien, Informatik, Gemeinde)
  • Nidwalden: Gesundheits- und Sozialdirektion (Gesundheitsamt, Sozialamt, Amt für Flüchtlinge, KESB)
  • Obwalden: Finanzdepartement (Personalamt, Finanzverwaltung, Steuern, Gesundheitsamt, Laboratorium, Informatik)
  • St. Gallen: Gesundheitsdepartement (Gesundheitsversorgung, Gesundheitsvorsorge, Verbraucherschutz, Veterinärwesen, Spitäler, Labormedizin)
  • Schaffhausen: Departement des Innern (Soziales, Migration, Labor, Gesundheitsamt, Informatik, Spitäler)
  • Schwyz: Departement des Innern (Gesundheit und Soziales, Sozialversicherung, KESB, Labor)
  • Solothurn: Departement des Innern (soziale Sicherheit, Gesundheitsamt, Migration, Justizvollzug, Polizei)
  • Thurgau: Finanzen und Soziales (Personalamt, Finanzen, Steuern, Sozialamt, Gesundheit, Laboratorium)
  • Tessin: Departement für Gesundheit und Soziales (Gesundheit, Soziales, Veterinäramt, Laboratorium)
  • Uri: Gesundheits-, Sozial- und Umweltdirektion (Amt für Gesundheit, Amt für Soziales, KESB, Amt für Umweltschutz)
  • Waadt: Departement Gesundheit und Soziales (Soziales, Gesundheit, Universitätsspital CHUV)
  • Wallis: Gesundheit, Soziales und Kultur (Arbeit, Asyl, Gesundheit, Soziales, Kultur, Verbraucherschutz, Veterinärwesen)
  • Zürich: Gesundheitsdirektion (Ethikkommission, Labor, Kantonsapotheke, Veterinäramt, Heilmittelkontrolle)
  • Zug: Gesundheit und Soziales (Gesundheit, Verbraucherschutz, Rettungsdienst, Amt für Sport, Ausgleichskasse/IV)
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