Chancen und Risiken der Digitalisierung für Praxisärzte in der Schweiz
Die Ärzteverbindung FMH hat ein Leitbild für die Digitalisierung im ambulanten Gesundheitsbereich formuliert – von und für Ärztinnen und Ärzte.
, 31. Januar 2019 um 08:53Stärken und Chancen
- Internetzugang und Smartphone- Nutzung sind für die Schweizer Bevölkerung eine Selbstverständlichkeit. Die technologischen Voraussetzungen sind für einen breiten Zugang zu digitalen Gesundheitsangeboten gegeben.
- Nutzung und Nachfrage digitaler Angebote im Gesundheitswesen nehmen stetig zu. (z.B. Gesundheits-Webseiten, Praxis-Webseiten, Online-Termine, Arzt-Patienten-Kommunikation, Health- Apps, eRezepte, Kommunikation zwischen Gesundheitsversorgern)
- Die Zahl der Anbieter digitaler Leistungen (z.B. telemedizinische Zentren, Praxen, Spitäler) und Angebote (z.B. Software, Health-Apps, Hardware, Wearables) nimmt stetig zu.
- Viele digitale Angebote wie die Telekonsultation und Gesundheitsapps bieten einen niederschwelligen, raum- und zeitunabhängigen Zugang zur Gesundheitsförderung und Prävention.
- Ärztinnen und Ärzte haben mehrheitlich eine positive Einstellung zu digitalen Gesundheitsangeboten und wünschen sich dort weitere Digitalisierung, wo der Mehrwert durch Vereinfachungen und Verbesserungen in Qualität und Prozessen spürbar ist.
- Effizienzsteigerung und Kosteneinsparungen sind v.a. ersichtlich bei Behandlungen von gesundheitlichen Störungen, die einfach zu erfassen und schnell lösbar sind sowie bei der Therapierung und beim Monitoring gewisser Beschwerden und chronischer Leiden.
- Orientierungshilfen und Handlungsempfehlungen für die Nutzung digitaler Angebote erleichtern die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. Probleme müssen benannt und Lösungen gefunden werden, dann können alle profitieren.
- Mit dem weiteren Ausbau der digitalen Infrastrukturen sinken die Eintrittsbarrieren und Synergien und Effizienzgewinne nehmen zu.
Schwächen und Risiken
- Datenschutz und Datensicherheit sind heikle und emotional besetzte Themen mit noch vielen offenen Fragen.
- Der TARMED-Tarif setzt heute keinen Anreiz für die Nutzung der Telemedizin, da entsprechende Positionen fehlen.
- Die Rechtsgrundlagen für die Digitalisierung sind kantonal sehr unterschiedlich, fragmentieren die Möglichkeiten und hinken teilweise der Realsituation hinterher.
- Standards für die Interoperabilität der telemedizinischen Infrastruktur fehlen und/oder werden nicht umgesetzt.
- Die Treiber der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung sind vielfältig und komplex; gleichzeitig ist die Digitalisierung ein wichtiger Treiber für die Entwicklung der nachhaltigen Gesundheitsversorgung.
- Die Realsituation sieht so aus, dass v.a. die jüngere Ärzteschaft nachfragebedingt digitale Möglichkeiten pragmatisch nutzen und anbieten – mit suboptimalen Rahmenbedingungen.
- Wirksamkeits- und Zweckmässigkeitsnachweis digitaler Gesundheitsangebote, insbesondere im therapeutischen Bereich, sind noch unzureichend.
- Unterschiedliche digitale Affinitäten und Kompetenzen führen sowohl bei der Ärzteschaft wie bei den Patienten zu einem unterschiedlichen Zugang und einer unterschiedlichen Nutzung digitaler Angebote.
- «Digitalisierung in der ambulanten Gesundheitsversorgung», in: Schweizerische Ärztezeitung 2019;100(05):113-116.
- FMH / Politik & Themen / eHealth / Telemedizin / Digitalisierung der ambulanten Gesundheitsversorgung
Artikel teilen
Loading
Comment
2 x pro Woche
Zwei Aargauer Ärzte wegen Nazi-Vergleich verurteilt
Zwei ehemalige Kaderärzte des Kantonsspitals Aarau wurden wegen übler Nachrede gegenüber Javier Fandino verurteilt.
Die Digitalisierung von klinischen Studien: Fortschritte in der Medizintechnik auf dem Weg zu papierlosen Verfahren
Klinische Studien stellen aufgrund ihrer langwierigen Durchführung, der anspruchsvollen Teilnehmerrekrutierung und der hohen Verfahrenskosten den kostenintensivsten Bestandteil des Produktentwicklungsprozesses* dar.
Kann Digitalisierung gegen den Hausärztemangel helfen?
Auf der Suche nach Lösungen für den Ärztemangel in der Grundversorgung gehen Leistungserbringer neue Wege und nehmen die Digitalisierung selber in die Hand, um den Zugang und die Qualität zu verbessern.
Falsche Ärztin wollte von Deutschland in die Schweiz
Eine mutmassliche Betrügerin hat monatelang als Ärztin in einer Klinik nahe an der Schweizer Grenze gearbeitet. Sie hatte gefälschte Papiere und wollte einen Job in der Schweiz erschleichen.
So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom
Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und leiden dann unter dem «Hochstapler-Syndrom». Das ist ungesund für die Psyche.
«Das wahre Leben reflektieren»
Gesundheitsdaten sind entscheidend bei der Auswahl und Begleitung einer Therapie. Gerade bei seltenen neurologischen Krankheiten ist die Erhebung und Interpretation dieser Daten aber mit einigen Herausforderungen verbunden. Zentral ist daher die Frage: Was ist Sinn & Zweck der Datensammlung?
Vom gleichen Autor
Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse
Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.
Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren
Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.
Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt
Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.