Ärzteschaft fordert Aktionäre zur Absetzung von Spital-CEO und VR-Präsident auf

Der Richtungsstreit am Spital Bülach spitzt sich weiter zu. 300 Ärztinnen und Ärzte sehen Zukunft des Spitals in Gefahr.

, 9. November 2020 um 07:15
image
  • spital
  • spital bülach
  • nic zerkiebel
  • rolf gilgen
Im Spital Bülach brodelt es. Es ist ein Richtungsstreit zwischen der Spitalleitung und einem grossen Teil der Belegschaft ausgebrochen. Dabei geht es unter anderem um die Konsolidierung der Betten, die massive Redimensionierung der Neonatologie und um die fristlose Entlassung des Chefarztes der Inneren Medizin, Nic Zerkiebel. Das Personal wirft speziell dem Spital-CEO Rolf Gilgen - aber auch dem Verwaltungsrat - strategisches und kommunikatives Versagen vor ( «Medinside» hat unter anderem hier ausführlich darüber berichtet). Bereits Ende Oktober forderte die Ärztegesellschaft des Zürcher Unterlandes (AZUL) an einem Podium personelle Konsequenzen. Nun doppelt der Verband noch einmal hochoffiziell nach.
In einem «Medinside» vorliegenden Schreiben, dass an die Eigentümergemeinden des Spitals und den Verwaltungsrat adressiert ist, wählt AZUL deutliche Worte.

  • «Der CEO Rolf Gilgen und der Verwaltungsratspräsident Christian Schär müssen entlassen respektive abgewählt werden.
  • Die Geschäftsleitung des Spitals muss derart umgestaltet werden, dass Ärzteschaft und Pflegedienst gleich stark vertreten sind wie die Spitalverwaltung. 
  • Im Verwaltungsrat muss wieder mindestens ein Vertreter der lokalen Ärzteschaft Einsitz nehmen.
  • Der unbegründet entlassene Chefarzt Innere Medizin Nic Zerkiebel muss dringend kontaktiert und rehabilitiert werden. Seine hohe fachliche Qualifikation wurde auch von der jetzigen Spitalleitung nie in Frage gestellt. Es ist geradezu grotesk, dass das Spital Bülach diesen fachlich und menschlich höchst qualifizierten Chefarzt und Krisenmanager mit MBA in der grösst vorstellbaren Krisensituation zwar noch auf der Payroll hält, aber vor die Tür stellt, umgekehrt aber an einer Spitalleitung festhält, die ihre Legitimation vollständig verloren hat.
  • Die AZUL empfiehlt zudem den Spitalgemeinden, das anstehende riesige Bauvorhaben nicht in die Hände der bisherigen Spitalleitung zu legen, sondern dieses Bauvorhaben erst durch eine neue Spitalleitung in Angriff nehmen zu lassen.»


Steht das Spital bald ohne Ärztinnen und Ärzte da?

Die rund 300 AZUL-Mitglieder und der AZUL-Vorstand seien «besorgt um die Zukunft des Spitals Bülach», begründet man die Forderungen. Die «zurückliegenden Ereignisse mit einer unerwarteten Chefarztentlassung und die derzeitige Ungewissheit über die weitere Entwicklung des Spitals» verunsichere nicht nur «uns Zuweiser, sondern auch unsere Patienten und ganz besonders die für das Überleben des Spitals wichtigen Privatpatienten, die sich in den Händen der bisherigen ärztlichen Leitung sehr gut aufgehoben fühlten.» Die Gefahr sei gross, dass das Spital Bülach «bald ohne einen Grossteil der Kaderärzte» dastehe.
Wie der Vorstand der AZUL weiter schreibt, hat er Anfang November eine «Taskforce Spital Bülach» gebildet. Diese werde die Situation am Spital «weiter beobachten, nach praktikablen Lösungen suchen und für alle Stakeholder als Gesprächspartner zur Verfügung stehen».

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

image

Spital Lachen bricht Neubau-Projekt ab

Nun soll saniert statt neu gebaut werden – aus finanziellen Gründen, aber auch wegen der Flexibilität.

image

Spitalzentrum Biel: Sehr rote Zahlen wegen Sonderabschreiber

Andererseits war 2023 ein Wachstumsjahr für die SZB-Gruppe, es gab einen Rekordwert bei den Patientenzahlen. Und die dynamische Entwicklung setze sich 2024 fort.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.