Konkurs oder doch nicht ganz? Hickhack um die 'Mobilen Ärzte'

Die Pikett- und Notfall-Firma wurde richterlich geschlossen. Doch womöglich geht es trotzdem weiter.

, 14. November 2023 um 23:13
image
Kostenfaktor: Fahrzeugflotte der 'Mobilen Ärzte'  |  zvg
In der Nordwestschweiz war es das Branchenthema des Tages. Die Aargauer Kantonsbehörden hatten am Montagabend gemeldet, dass die Mobile Ärzte AG ihren Betrieb einstellen musste: Die Gesellschaft sei konkurs. Man sei kurzfristig von einer Mitarbeiterin informiert worden, «dass die mobile ärzte AG ihre vereinbarten Leistungen gegenüber dem Kanton Aargau nicht mehr erbringen werde», so die Behörden.
Deshalb habe das Gesundheitsdepartement Hals über Kopf mit niedergelassenen Ärzten Notlösungen schaffen müssen.
Die Mobile Ärzte AG, gegründet 2013 in Allschwil, offerierte 24-Stunden-Notfall- und Pikettdienste in diversen Kantonen. Im Aargau war sie speziell auch für Gefängnisinsassen zuständig – respektive mit Themen wie fürsorgerische Unterbringung oder Prüfung der Hafterstehungs- und der Einvernahmefähigkeit befasst.
Gut zwei Dutzend Medizinerinnen und Mediziner gehörten zum Pool der Firma, geleitet von Gründer und Chefarzt Michael Gloger. Auch in Basel-Land und Basel-Stadt bildete sie ein wichtiges Rückgrat für die Pikett-Versorgung.

Empathie und Überstunden

Dass es auch Probleme gab mit dem Dienst, war ein offenes Geheimnis. Im «Regionaljournal» von Radio SRF meldete Stefan Isenschmid, Generalsekretär der Syna, dass vermehrt Mitarbeiter auf die Gewerkschaft zugekommen seien – die Rede war von ausstehenden Löhnen, teils bis zurück ins letzte Jahr.
2020 hielt der Aargauer Regierungsrat fest, dass es Sprachprobleme mit den Ärzten gebe und man manchmal auch Empathie vermisse. Früher schon hatte der «Kassensturz» Mitarbeiter-Kritik aufgegriffen: Danach hätten die Angestellten teils zu lange Dienste geleistet; oder Nachtzuschläge seien nicht ausbezahlt worden.

Frisches Kapital?

Am Dienstagabend folgte dann jedoch ein neuer Dreh: Laut einer Mitteilung von Michael Gloger sollen die Mobilen Ärzte wieder starten – in einer neuen Gesellschaft und mit neuem Fremdkapital; die entsprechenden Kantonsbehörden seien informiert. Man werde zumindest in Solothurn und den beiden Basel weiterarbeiten.
Gegenüber der «Basler Zeitung» bestätigte ein Sprecher der Baselbieter Gesundheitsdirektion, dass die Mobile Ärzte AG den Notfalldienst weiterhin übernehmen werde.
Was insofern doch erstaunlich ist, als der zuständige Richter im gleichen Kanton am 7. November 2023 den Konkurs über die Gesellschaft eröffnet und sie geschlossen hatte.
Der Kanton Basel-Stadt äusserte sich gegenüber der BaZ denn auch vorsichtiger: «Die Situation ist aktuell unklar», so GD-Sprecherin Anne Tschudin. «Ein offizielles Statement der Mobilen Ärzte liegt uns trotz unserer Aufforderung bisher nicht vor.»
  • Notfälle
  • praxis
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

So werden Ärzte und Ärztinnen umweltbewusster

Keine PET-Flaschen oder mehr Steckerleisten mit Kippschalter: Zwei von rund 70 Beispielen, wie Arztpraxen umweltverträglicher werden.

image

«Ärzte neigen dazu, die Patienten frühzeitig zu unterbrechen»

Eine schlechte Arzt-Patienten-Kommunikation ist für 30 Prozent der medizinischen Komplikationen verantwortlich. Der Allgemeinmediziner Michael Deppeler sieht Verbesserungspotential bereits im Studium.

image

So will der Kanton Freiburg die Zahl der Notfallbesuche reduzieren

Mit einer grossen Informationskampagne will Freiburg den Weg zu schnellerer und effektiverer medizinischer Hilfe weisen.

image

Nun steigt der Bestsmile-Gründer auch bei der Fortpflanzung ein

Ertan Wittwer hat schon viele Praxisketten gegründet. Seine neuste Idee: ein Unternehmen, das Fortpflanzungsmedizin anbietet.

image

Physioswiss plant Demonstration auf dem Bundesplatz

Die Physiotherapeuten wehren sich weiter gegen den Tarifentscheid der Landesregierung. Bislang signierten knapp 150'000 Personen die Petition dazu.

image

Aargau: Null Probleme mit der Medikamenten-Abgabe

In den letzten Monaten wurden alle Aargauer Ärzte mit Selbstdispensation kontrolliert. Resultat: «keine gravierenden Mängel».

Vom gleichen Autor

image

Streit ums Geld: Neue Medikamente kommen immer später unter die Leute

Die Wartezeit bis zur Aufnahme neuer Mittel in die Spezialitätenliste wächst. Das BAG und die Pharmaindustrie schieben sich gegenseitig den Ball zu.

image

BAG stoppt Generika-Werbung in Arztpraxen – zumindest vorerst

Dürfen Ärzte Geld verdienen, indem sie Unterlagen von Sandoz im Wartebereich auflegen? Um diese Frage tobt nun ein Rechtsstreit.

image

Da waren's nur noch drei: KPT verlässt Curafutura

Die Branche müsse heute einheitlicher auftreten: So erklärt die Krankenkasse ihren Austritt aus dem Verband.