Hemgenix: Swissmedic bewilligt teuerstes Medikament der Welt

Die Einzeldosis-Behandlung ist die erste Gentherapie für Patienten mit Hämophilie B.

, 18. Januar 2024 um 23:05
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Bild: CSL Behring
Die Aufsichtsbehörde Swissmedic hat dem australischen Biotech-Unternehmen CSL die Zulassung für Hemgenix erteilt. Damit kann die erste Gentherapie gegen schwere oder mittelschwere Hämophilie B eingesetzt werden.
Hemgenix (Etranacogene Dezaparvovec) hatte zuvor bereits die Zulassung durch die Food and Drug Administration der USA und durch Health Canada erhalten, ferner eine bedingte Marktzulassung im EU-Raum und in Grossbritannien.
Zuvor hatte die Phase-III-Studie gezeigt, dass Hemgenix bei den Patienten die Häufigkeit von Blutungen im Jahresverlauf senkt. Dies wird durch die Bereitstellung eines funktionalen Gens erreicht, das als Anleitung für die Produktion des Gerinnungsfaktors IX in der Leber dient.

Belastung, Entlastung

«Wir sind überzeugt, dass HEMGENIX® das Behandlungskonzept für Menschen mit Hämophilie B sowie für die medizinischen Fachkräfte, die sie betreuen, revolutionieren kann, indem es direkt an der Ursache der Krankheit ansetzt», lässt sich Emmanuelle Lecomte-Brisset zitieren; sie ist Senior Vice President und Head of Global Regulatory Affairs bei CSL.
Mit seiner US-Zulassung Ende November 2022 hatte Hemgenix auch rasch das Label als «das teuerste Medikament der Welt» erhalten (mehr dazu hier, hier). Denn auf dem US-Markt kostet es 3,5 Millionen Dollar.
Dabei handelt es sich um eine Einmalspritze, deren Wirkung bei den Empfängern – männliche Patienten über 18 – lebenslang nachhallen soll. Unterm Strich werde das Mittel «die wirtschaftliche Belastung durch Hämophilie B signifikant senken», argumentierte CSL bei der Markteinführung in den USA.
In der Schweiz laufen nun die Verhandlungen über die Aufnahme auf die Spezialitätenliste (also auch über den Preis).
  • Streit ums Geld: Die Wartezeit bis zur Aufnahme neuer Mittel in die Spezialitätenliste wächst. Das BAG und die Pharmaindustrie schieben sich gegenseitig den Ball zu.
Tendenziell etwa 1 von 25'000 bis 30'000 Männern sind von Hämophilie B betroffen (wobei es auch leichtere Fälle gibt).
Oder anders: Etwa 1 von 50'000 Babys haben die seltene Erkrankung, die durch eine Mutation im F9-Gen verursacht wird und zu niedrigen Werten des Blutgerinnungsfaktors IX führt.
Zum Vergleich: Hierzulande gibt es jährlich rund 80'000 Lebendgeburten – pro Jahr kommen also etwa ein bis zwei Babys mit dieser so genannten «Bluterkrankheit» zur Welt.

Bisher: Lebenslange Prophylaxe

Menschen mit Hämophilie B sind besonders anfällig für Blutungen in Gelenken, Muskeln und inneren Organen, was zu Schmerzen, Schwellungen und Gelenkschäden führt. Die bisherigen Behandlungen für mittelschwere bis schwere Hämophilie B umfassen lebenslange prophylaktische Infusionen von Faktor IX.
Die Gentherapie Hemgenix senkt die Häufigkeit abnormaler Blutungen, indem sie dem Körper ermöglicht, kontinuierlich Faktor IX zu produzieren. Die Erklärung von CSL: «Es verwendet AAV5, einen nicht-infektiösen viralen Vektor, das sogenannte adeno-assoziierte Virus (AAV). Der AAV5-Vektor transportiert die natürlich vorkommende Padua-Genvariante des Faktor IX (FIX-Padua) zu den Zielzellen in der Leber, wodurch Faktor-IX-Proteine produziert werden, die 5x-8x aktiver sind als normal. Diese genetischen Anweisungen bleiben in den Zielzellen, werden aber in der Regel nicht Teil der eigenen DNA einer Person. Durch die neue genetische Anweisung wird den Zellen ermöglicht, stabile Mengen von Faktor IX zu produzieren.»
  • medikamente
  • immunologie
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