Ein Assistenzarzt von damals erzählt von den harten Anfängen

Die Zeiten im Gesundheitswesen haben sich in vielerlei Hinsicht geändert. Früher habe man 147 Stunden pro Woche gearbeitet, erinnert sich der Arzt Simon Persenico.

, 8. August 2023 um 07:15
image
Ein Wochenenddienst dauerte von Freitag, 19 Uhr, bis zum Montag, 7 Uhr. | Unsplash
Simon Persenico, ehemaliger Assistenzarzt am Kantonsspital Graubünden in Chur, blickt in einem Leserbrief in der Zeitung «Südostschweiz» auf die Bedingungen zurück, unter denen er vor gut 50 Jahren seinen Dienst verrichtete. Die Arbeitszeiten und -bedingungen, die er beschreibt, stehen dabei im starken Kontrast zur heutigen Situation im Gesundheitswesen.
Der Dienst als Assistenzarzt war eine echte Herausforderung: Persenico erinnert sich an Schichten, die von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr am nächsten Morgen. Wochenenddienste gingen von Freitagabend bis Montagmorgen, ohne finanziellen oder zeitlichen Ausgleich.
In der Kinderklinik, in der der Arzt arbeitete, waren die Bedingungen besonders hart: Nur drei Ärzte teilten sich die Dienste, und wenn einer von ihnen in den Ferien oder im Militärdienst war, mussten die anderen die zusätzliche Arbeit übernehmen.

Zusätzliches Geld an das Rote Kreuz geschickt

Die Unterkünfte der Ärzteschaft waren spartanisch, ein umgebautes Badezimmer diente als Schlafstätte. Persenico berichtet von einer Schicht, in der er fast die ganze Woche im Spital verbrachte, ohne es zu verlassen. Die Präsenzzeit summierte sich auf unglaubliche 147 Stunden. Seine Frau besuchte ihn jeweils am Sonntag mit der kleinen Tochter und hoffte auf ein paar freie Stunden.
Nach Intervention des Bündner Assistenz- und Oberärzteverbandes wurden 10 Franken für einen Nachtdienst und 30 Franken für einen Wochenenddienst ohne zeitliche Kompensation entschädigt. «Dies veranlasste uns, die Beträge einzuziehen, dem Roten Kreuz zu schicken mit einem Brief an die Regierung, Almosen sollten diejenigen erhalten, die darauf angewiesen sind.»

«War eine gute Vorbereitung»

Der Blick in die Vergangenheit verdeutlicht den Wandel im Gesundheitswesen und erinnert daran, wie weit wir seither gekommen sind. Dennoch klagt der Arzt aus Trimmis in seinem Leserbrief zum Thema «Überzeiten im Gesundheitswesen» nicht. Persenico, Jahrgang 1938, schreibt, seine Erfahrungen hätten ihn geprägt. «Es war eine gute Vorbereitung auf meine spätere Tätigkeit im Bergell als alleiniger Tal- und Spitalarzt.»
  • ärzte
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

image

VSÄG: Schlagabtausch zwischen abgewählter Präsidentin und Kantonsarzt

Monique Lehky Hagen wurde als Präsidentin der Walliser Ärztegesellschaft abgewählt - und warf dem Kantonsarzt Eric Masserey Manipulation vor. Dieser kontert.

image

Spital Emmental: Neues Führungsteam für das chirurgische Departement

Ab Januar 2025 wird Matthias Schneider Chefarzt der Chirurgie, André Gehrz sein Stellvertreter in Burgdorf. Stephan Vorburger wechselt intern.

image

Allcare: Hausarztkette in Zürich ist konkurs

Ärztemangel, galoppierende Lohnforderungen, fehlendes Commitment: dies die Erklärungen für die Notlage.

image

Hohe Auszeichnung für Insel-Kinderarzt

Philipp Latzin wurde mit der Goldmedaille der «European Respiratory Society mid-career in paediatrics» für seine Lungenforschung ausgezeichnet.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Neue Ärzte-Tarife auf dem Weg zur Genehmigung

Die Tarifpartner beantragen wie geplant die Genehmigung eines Tarifsystems aus ambulanten Pauschalen und Tardoc.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.