Die Neuenburger Bevölkerung hat am Wochenende eine obligatorische Zahnversicherung klar abgelehnt. In der Waadt war man schon 2018 bei einer Abstimmung dagegen, und in Genf wurden solche Pläne im Jahr 2019 durchkreuzt.
Finanziert mit einem Lohnprozent
Doch warum will niemand eine solche Versicherung? In Neuenburg hätte die Initiative vorgesehen, dass die neue Versicherung durch einen Lohnabzug von einem Prozent finanziert wird. Arbeitgeber und Angestellte hätten je ein halbes Prozent übernehmen müssen.
Zu den Gegnern einer solchen Versicherung gehören nicht nur die bürgerlichen Parteien, welche neue Lohnabzüge generell ablehnen. Auch die Zahnärzte selber möchten keine obligatorische Zahnversicherung.
Lieber mehr vorbeugen
Die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO ist überzeugt, dass es für Personen mit geringem Einkommen bessere Lösungen gebe als eine obligatorische Zahnversicherung, sagt Marco Tackenberg, Mediensprecher der SSO.
Der Grund für die Skepsis der Zahnärzte: Sie fürchten, dass eine obligatorische Zahnversicherung die Eigenverantwortung untergraben könnte. Die SSO geht davon aus, dass sich meisten Zahnerkrankungen mit einer regelmässigen und sorgfältigen Mundpflege vermeiden lassen.
Zahnedizin von grossen Kostenschub verschont
Die SSO betont, dass das Modell der Schweiz im internationalen Vergleich sehr wirksam sei. Weil keine Versicherung zahle, sei der Kostenanstieg in der Zahnmedizin wesentlich moderater als in anderen Bereichen der medizinischen Versorgung.
Als Beweis liefert die SSO Zahlen zu Karies bei Kindern: Diese sei in den letzten 50 Jahren um 90 Prozent zurückgegangen, und das ohne obligatorische Versicherung. Die SSO ist der Meinung, dass medizinisch nötige Zahnbehandlungen bei Patienten in finanziellen Schwierigkeiten von der Sozialhilfe übernommen werden sollten. Eine gezielte Unterstützung sei sinnvoller als eine teure Pflichtversicherung.
Wallis, Tessin, Freiburg und Jura bleiben dran
Obwohl mit Neuenburg bereits der dritte Kanton eine obligatorische Zahnversicherung abgelehnt hat, ist das Thema nicht abgeschlossen. Im Wallis und im Tessin wird bald darüber abgestimmt, in Freiburg und im Jura sind Vorstösse hängig.