Weshalb das Handy im OP durchaus seinen Platz hat

Zum Beispiel, weil die Ablenkung tatsächlich wirkt – und man das Handy quasi als Hilfs-Schmerzmittel einsetzen kann.

, 31. August 2015 um 13:50
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  • anästhesie
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Dies besagt jedenfalls eine kleine Untersuchung, die von Ärzten der Cornell University durchgeführt und unlängst veröffentlicht wurde. Im Zentrum der Beobachtungen standen Patienten mit Lokalanästhesie. Und die Frage war: Benötigt man weniger Analgetika, wenn der Patient während der Operation auf dem Handy spielen kann?
Das Fazit: Durchaus. Die elektronische Ablenkung wirkt offenbar stark genug.

Jamie E. Guillory, Jeffrey T. Hancock, Christopher Woodruff et. al., «Text Messaging Reduces Analgesic Requirements During Surgery», in: «Pain Medicine», April 2015.

Beobachtet wurden 98 Patienten, denen ein kleinerer Eingriff in der unteren Körperhälfte bevorstand. Das Beobachterteam unterteilte sie in vier Gruppen:

  • Patienten, die während es Eingriffs per SMS mit Verwandten in Kontakt stehen sollten;
  • Patienten, die mit Unbekannten sms-len sollten;
  • Patienten, welche mit den Games auf ihrem Handy spielen sollten;
  • sowie Patienten, die ohne Handy operiert wurden.

Wer ein Handy zur Verfügung hatte, musste es bereits vor der Betäubung verwenden – und dann bis zum Schluss des Eingriffs.
Und siehe da: Die Patienten mit Handy verlangten seltener Nachschub bei der Schmerzunterdrückung. 
Dabei liessen sich jene Patienten, die mit Fremden im SMS-Kontakt standen, am wenigsten Analgetika verabreichen (6,77 mal seltener als Patienten ohne Handy); bei den Leuten, die mit Verwandten Kurzmitteilungen austauschten, lag die Quote mit 4,4mal etwas tiefer, und die offenbar tiefere nötige Konzentration bei Games wirkte sich darin aus, dass diese Patienten nur 1,96 mal mehr Schmerzmittel benötigten als die Kontrollgruppe ohne Smartphone-Ablenkung.
Oder anders gesagt: Den dringendsten Bedarf hatten die Personen, die gar nichts in den Fingern hielten – und ihre Phantasie voll auf den parall verlaufenden Eingriff konzentrieren konnten.
Siehe auch: «Portable à l’hôpital : magique pour le patient, craignos pour le médecin», in: «L'Obs — Rue 89»
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