Spermidin im Fokus bei der Bekämpfung von Covid

Forscher der deutschen Charité präsentieren einen möglichen Angriffspunkt für die Bekämpfung von Sars-CoV-2. Zu den Co-Autoren gehört der bekannte Virologe Christian Drosten.

, 20. April 2021 um 13:48
image
  • studie
  • charité
  • coronavirus
  • christian drosten
Bisher war Spermidin vor allem als Nahrungsergänzungsmittel bekannt. Der Wirkstoff regt den Stoffwechsel an, stärkt das Immunsystem, hat eine lebensverlängernde Wirkung und wirkt dem geistigen Abbau des Gehirns entgegen, wie österreichische Forscher 2000 herausfanden. Spermidin ist unter anderem im männlichen Samen (daher der Name) und in zahlreichen Lebensmitteln erhalten (siehe Box unten).
Nun hat ein Forscher-Team rund um Professor Christian Drosten von der Berliner Charité eine interessante Studie vorgestellt. Darin wird einen möglichen Angriffspunkt für die Bekämpfung von Sars-CoV-2, dem Coronavirus präsentiert.

Autophagie in infizierten Zellen im Fokus

Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 in menschlichen Lungenzellen die Autophagie, die ein wichtiger Selbstreinigungsprozess unseres Zellstoffwechsels ist, blockiert. Was man bereits von der Autophagie wusste: Als zelluläre Abfallentsorgung beseitigt sie nicht nur beschädigte Zellbestandteile, sondern auch Krankheitserreger wie zum Beispiel das Mers-Coronavirus. 

Virusvermehrung um 85 Prozent gehemmt

Die aktuelle Charité-Studie besagt, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 die Menge der zelleigenen Spermidien verringert. Weil Spermidin alte oder schadhafte Zellbestandteile verwertet und abbaut, sei die Idee der Forscher nahe gelegen, dass man durch die Gabe von Spermidin möglicherweise die Covid-Infektion in den Zellen beeinflussen könnte. 
Die Vermehrung des neuen Coronavirus konnte in den infizierten Zellen durch Verabreichung von Spermidin effektiv gehemmt werden. Konkret: Als die Forscher Spermidin zu den infizierten Zellenkulturen gaben, wurde die Virusvermehrung um rund 85 Prozent gesenkt.

Spermidin als Therapie?

Damit nicht genug: Auch eine Vorbehandlung gesunder Zellen mit Spermidin konnte im Zellkulturexperiment eine nachfolgende Infektion mit Covid um 70 Prozent vermindern. Die Forscher hoffen jetzt, dass der Wirkstoff einen neuen Angriffspunkt für die Bekämpfung und sogar eine Prophylaxe des Coronavirus darstellt.
Aber: Ob und wie sich diese Erkenntnisse aus der Zellkulturstudie auf eine therapeutische und prophylaktische Anwendung beim Menschen übertragen lassen, ist laut der Studie noch unklar. Für die weitere Erforschung von Spermidin bei der Bekämpfung der Pandemie sind deshalb weitere wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich. 

Quellen: https://spermidin.de/https://spermidin.health/neue-charite-studie-zu-spermidin-bei-sars-cov-2/

In diesen Lebensmitteln ist Spermidin enthalten

  • Weizenkeime: 24 mg (Quelle 16)
  • Cheddar, 1 Jahr gereift: 19,9 mg (Frisch- oder Weichkäse enthalten fast kein Spermidin)
  • Pilze (Shiitake): 8,9 mg
  • Grüne Erbsen: 6,5 mg
  • Blumenkohl roh: 3 mg
  • Blumenkohl gekocht: 2,6 mg
  • Brokkoli roh: 3,7 mg
  • Brokkoli gekocht: 2,7 mg
  • Dill: 2,9 mg
  • Obst im Allgemeinen: 0,2 – 1 mg (Ausnahme: Mango mit 3 mg und Birnen mit 5,2 mg)
  • Avocado: 1 mg
  • Gekochte und fermentierte Sojabohnen (Natto): 4,5 mg
  • Sojamilch: 1,6 mg
  • Kuhmilch und -joghurt: nur Spuren
  • Kartoffeln gekocht: 1,2 - 1,7 mg
  • Kartoffelchips: 2,5 mg
  • Vollkorn: 1,8 – 2,4 mg
  • Weisser Reis: 0,39 mg
  • Naturreis: 0,64 mg
  • Reiskleie: 5,1 mg
  • Haselnüsse: 2,1 mg
  • Erdnüsse: 1,6 mg
  • Senf: 3,4 mg
  • Fleisch/Fisch: meist 0,5 mg oder weniger (Ausnahme: Wild mit 1,5 mg und Sardine mit 1,1 mg)
Weiter Infos finden Sie hier
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Saxenda und Wegovy: Schweizer an der Spitze

Eine Studie der Uni Zürich zeigt: Schweizer nutzen die Abnehmspritze häufiger als Kanadier, Amerikaner und Deutsche.

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

«Hört auf mit dem Begriff ‚Long Covid‘»

Natürlich gibt es das Syndrom. Aber laut einer neuen Studie unterscheidet es sich nicht von anderen postviralen Leiden.

image

Studie: Kein Zusammenhang zwischen Covid-Impfung und plötzlichem Tod

Eine Studie widerlegt Befürchtungen, dass es eine Verbindung zwischen Covid-Impfungen und ungeklärten plötzlichen Todesfällen geben könnte.

image

Das Corona-Fazit des Epidemie-Experten

Mehr Daten und weniger Verschwörungstheorien: So die Bilanz des Epidemiologen Marcel Salathé. Er leitete das Covid-19-Forschungsprogramm.

image

Schweiz stellt Weichen für langfristiges Coronavirus-Management

Der Bund stellt seine Antwort auf die langfristigen Herausforderungen von Covid 19 vor.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.