«Pflege muss die Zeche für Versäumnisse der Politik zahlen»

Der Verband der Pflegefachleute nutzt die Zeiten der Corona-Krise, um auf politische Forderungen hinzuweisen.

, 21. April 2020 um 07:57
image
Der Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK verlangt jetzt «Taten statt Worte». Dies schreibt der SBK in einem offenen Brief (siehe unten) an das Parlament. Der Dachverband verwendet ungewohnt harsche und deutliche Worte in dem Schreiben, das Präsidentin Sophie Ley und Geschäftsführerin Yvonne Ribi unterzeichnet haben. 
Die Covid-19-Pandemie habe «gravierende» Schwächen des Schweizer Gesundheitssystems «schmerzhaft» offengelegt, steht darin etwa zu lesen. Und: «Unsere Berufsleute zahlen die Zeche für jahrelange Versäumnisse der Politik», sagt Yvonne Ribi laut einer Mitteilung.

Lange Liste an Versäumnissen

Der «skandalöse Mangel an Schutzmaterial» sei dabei nur ein Punkt unter vielen. Aber auch «die Aufweichung der Arbeits- und Ruhezeiten» sowie die «Auslandsabhängigkeit» der Schweiz sei «gefährlich», listet der Dachverband die vermeintlichen Versäumnisse auf.
Der SBK fordert nun die sofortige Umsetzung aller Forderungen der Pflegeinitiative. Der indirekte Gegenvorschlag des Nationalrats mit Ausbildungsoffensive sei ein erster Schritt, reiche aber nicht. Die Berufsleute erwarten von den National- und Ständeräten, nun endlich die Konsequenzen aus den Argumenten des Pflegefachverbands zu ziehen.

Corona-Zulage gefordert

Auch eine Covid-Zulage sei in dieser ausserordentlichen Situation mehr als angezeigt, steht im Brief weiter zu lesen. Die Krise zeige «überdeutlich», wie «systemrelevant» die Pflege sei. Die Kantone müssten nun zusammen mit den Gesundheitsinstitutionen die Höhe einer solchen Anerkennung aushandeln.
Der Verband macht seit Jahren darauf aufmerksam, dass die Schweiz viel zu wenig Pflegefachpersonen ausbilde. Und die Ausgebildeten würden den Beruf «frustriert» verlassen, weil die Belastung zu hoch und der Lohn und die Anerkennung zu tief seien. «Wir sind mit unserer Geduld am Ende», hält der SBK im Schreiben fest. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ist das noch Pflege oder ist es Bildschirmarbeit?

Das Luzerner Kantonsspital investiert in die virtuelle Pflege – in die Patientenbetreuung am Computer. Nicht alle Pflegefachleute freut das.

image

USZ: Neuer Bereichsleiter der stationären Pflege

Oliver Röpke übernimmt Anfang Juni 2025 die Leitung der stationären Pflege am Universitätsspital Zürich.

image

Förderung der Pflegeausbildung: Ein Vergleich der Kantone

Die Pflegeinitiative ist beschlossen – und bei der Umsetzung regiert der Föderalismus. Eine neue Übersicht zeigt, wie sich die Beiträge zur Ausbildung kantonal unterscheiden.

image

Pflege im Fokus: Zentralschweizer Spitäler starten Video-Kampagne

Die Spitäler der Zentralschweiz lancieren eine Video-Kampagne, in der Pflegende selbst Regie führen.

image

Was tun gegen die Personalnot? Mehr Macht für die Pflege.

In Frankreich werden die Kompetenzen der Pflegefachleute bald drastisch erweitert. Die Nationalversammlung hat ein entsprechendes Gesetz durchgewunken – einstimmig.

image

Covid: Eine Patentlösung für Pflegeheime gab es nicht

Die Pflegeheime standen in der Pandemie an vorderster Front. In Genf ging nun eine Studie der Frage nach: Was hätten sie besser machen können?

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.