In den drei Jahren 2012 bis 2015 registrierte das Universitären Notfallzentrum des Inselspitals 63 Fälle von Gewalt gegen Mitarbeitende. Die Hälfte der Übergriffe beinhalteten physische Gewalt. Jeder zweite gewalttätige Patient stand unter Alkoholeinfluss.
Diese Zahlen wurden nun in der SRF-Sendung «10 vor 10» veröffentlicht. Wie die Insel Gruppe weiter meldet, gab es im letzten Jahr 20 Aggressions-Meldungen und 642 Securitas-Einsätze. Im Jahr davor, 2015, waren nur 372 Securitas-Einsätze benötigt worden.
Aggressives Verhalten gegenüber dem Spitalpersonal habe deutlich zugenommen, bestätigte Aristomenis Exadaktylos in der TV-Sendung.
«Nicht nur bei uns auf dem Notfall sondern auch auf anderen Notfallstationen sehen wir in den letzten Jahren eine Zunahme von Gewalt jeglicher Art», sagte der Chef der Insel-Notfallstation. «Betroffen ist vor allem das Pflegepersonal.»
Notrufe auch aus Genf
Zeichnet sich hier tatsächlich eine Tendenz ab? Im letzten Herbst gingen die Genfer
Unikliniken HUG jedenfalls auch mit einer Alarm-Meldung an die Öffentlichkeit: Spitaldirektor Betrand Levrat präsentierte ein Massnahmenpaket, mit dem die Aggression von Patienten und Angehörigen gegenüber den Angestellten gedämpft werden soll.
Laut den damals vorgelegten Zahlen wurden 99 Angestellte des Unispitals in den letzten drei Jahren Opfer von gewalttätigen Angriffen, Drohungen mit Waffen oder schwerer verbaler Aggression. Eindeutig sei die Zahl der Fälle angestiegen. Registrierte die HUG-Direktion im Jahr 2013 noch 20 solcher Übergriffe, waren es 2015 schon 32. Und im Jahr 2016 notierte man alleine im ersten Halbjahr 23 Gewalts-Fälle.
Auch die Unispitäler von Basel und Zürich haben inzwischen einen fixen Sicherheitsdienst für die Notfallstationen, andere Häuser haben dort zumindest einen Knopf zur raschen Alarmierung von Sicherheitskräften. Und in vielen Spitälern sind inzwischen Richtlinien oder Schulungen (Beispiel:
USZ) für den Umgang mit Gewalt gängig geworden.
Im Schnitt 33 Jahre alt
Die erwähnte Dissertation aus Bern zeigt, dass aggressive Patienten oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Ferner seien die Täter im Durchschnitt 33 Jahre alt. 57 Prozent sind Schweizer.
«Wir haben es mit Angriffen mit Reizgas zu tun oder mit Schlägen und Würgattacken», sagte Aris Exadaktylos in der SRF-Sendung. «Vor allem für junges und weibliches Personal sind solche Angriffe oft traumatisierend.»
Im Inselspital sind nun – neben Selbstverteidigungskursen – auch bauliche Massnahmen geplant: Der Warteraum und die Behandlungszimmer auf der Notfallstation sollen demnächst umgestaltet werden. Das Spital erhofft sich eine stressfreiere und aggressionshemmende Wirkung.
Ein weiterer Schritt: Die Insel Gruppe will Angriffe aufs Personal in Zukunft auch konsequenter ahnden. Bisher wurde in rund 20 Prozent der Fälle Strafanzeige eingereicht.