Deutschland: Chefarzt muss ins Gefängnis

Weil er unabgesprochen die halbe Leber einer Patientin entfernte, wurde der Chirurg nun verurteilt.

, 6. Juli 2015 um 15:58
image
  • ärzte
  • deutschland
  • kunstfehler
In Baden-Württemberg wurde ein Chefarzt wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Damit lag das Urteil des Landgerichts Mosbach sogar über dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Diese hatte zwei Jahre Freiheitsentzug auf Bewährung gefordert – sowie die Verhängung einer Geldstrafe von 50'000 Euro.

Nichts davon stand im Operationsplan

Was war geschehen? Der Chirurg war Chefarzt am Spital in Buchen, als er im Juli 2012 einer damals 30jährigen Frau einen Tumor am Dickdarm entfernen sollte; ferner war vorgesehen, dass er Gewebeproben von Ablegern in der Leber entnehme. Am Ende nahm er eine Hemihepatektomie vor, er entfernte also die halbe Leber.
Dieser massive Eingriff war jedoch nicht abgesprochen mit der Patientin, und er war auch nicht im Operationsplan eingetragen. Der Arzt war sich dessen bewusst, so der Befund des Gerichts in Mosbach. 
Bei der Operation habe der Angeklagte gegen ärztliche Behandlungsregeln oder gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstossen, was er hätte erkennen müssen, befand die Staatsanwaltschaft. Der operative Eingriff habe sich so dramatisch gestaltet, dass die Patientin in das Universitätsklinikum Mannheim habe verlegt werden müssen, wo sie am sechs Tage später starb – laut Befund an den Folgen des Eingriffs.

Der gescheiterte Versuch, etwas zu korrigieren

Die Darstellung am Gericht zeigt das Bild eines Arztes, der offenbar Komplikationen in unstatthafter Eigenregie selber bereinigen wollte: Nachdem bei den Gewebeproben Komplikationen auftauchten, machte der Chirurg weiter, statt die Blutungen zu stillen und die Frau in ein geeigneteres Spital zu verlegen.
Die Verteidigung hatte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung beantragt. Drei Monate hat der Arzt bereits in Untersuchungshaft abgesessen. Er hat sich inzwischen als arbeitslos gemeldet.
Gegen das Urteil kann noch rekurriert werden.

  • Zur Mitteilung des Landgerichts MosbachZur Mitteilung des Landgerichts Mosbach
  • Siehe auch: «Junge Frau starb nach OP - Chirurg muss ins Gefängnis»

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Deutschland: Drogerieriese drängt in Gesundheitsvorsorge

Die Drogeriekette DM bietet neu auch Gesundheitsservices an. Der Konzern arbeitet mit professionellen Partnern – Fachärzte äussern Kritik.

image

«Manche haben unrealistische Erwartungen an die Schweiz»

Die Schweiz erscheint für viele ausländische Ärzte als Traumland. Was es braucht, damit der Jobwechsel gelingt, erklären die Ärztevermittler Francesca und Jan Saner.

image

«Schauen Sie genau, wen Sie heiraten – das meine ich ernst.»

Seilschaften, starre Regeln und intransparente Gehälter bremsen Frauen auf dem Weg zur Chefarztposition. Rückhalt daheim ist entscheidend – und Teilzeit ist problematisch: Das sagt Susanne Renaud, Chefärztin Neurologie am Spital Neuenburg.

image

«Als Arzt nach Deutschland – warum nicht?»

Für Schweizer Assistenzärzte kann die Arbeit an einem deutschen Krankenhaus interessant sein. Die Nachfrage steige, sagt Martin Werner von DocsGoSwiss im Kurzinterview.

image

Zwei neue Ärztinnen in Hasliberg

Ab 1. Mai 2025 verstärken Dr. med. Stefanie Zahner-Ulrich und Dr. med. (SRB) Sonja Krcum Cvitic das Team der Rehaklinik Hasliberg. Mit ihren fundierten Erfahrungen in Allgemeiner Innerer Medizin bzw. Physikalische Medizin und Rehabilitation erweitern sie gezielt die medizinische Kompetenz der Klinik

image

Vier von fünf deutschen Spitälern kündigen rote Zahlen an

Die Lage sei «so dramatisch wie nie» – und es könnte noch schlimmer kommen. Das zeigen die Zahlen des «Krankenhausbarometers» in Deutschland.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.