Nichts ist schlimmer für eine Pharmafirma, als wenn bekannt wird, wie hoch die Preisnachlässe sind, welche sie beim Verkauf ihrer Arzneimittel gewährt. Denn kaum weiss die Arzneimittelbehörde des Landes A, dass ein Hersteller dem Land B grosszügig entgegengekommen ist, wird Land A die gleichen Forderungen stellen – oder sogar noch höhere Rabatte verlangen.
Gut gehütetes Geheimnis
Deshalb sind die tatsächlich bezahlten Preise in den verschiedenen Ländern ein Geheimnis, das ähnlich gut gehütet wird, wie die Rezeptur der verkauften Arzneimittel.
Bisher machte die Schweiz bei dieser Geheimniskrämerei nicht mit. Fein säuberlich ist in der Spezialitätenliste von jedem Medikament, das die Krankenkassen vergüten, sowohl der Fabrikabgabepreis als auch der Publikumspreis aufgeführt. Ein Beispiel: Glaxo-Smith-Kline liefert das Krebsmedikament Zejula für 7633 Franken in die Schweiz. Zu kaufen ist es hier für 8000 Franken pro Packung mit 84 Stück.
Neue Krebstherapie mit Geheimpreis
Mit dieser Übersichtlichkeit ist es nun vorbei. Im August hat der Bundesrat den Preis für eine neue Krebsbehandlung mit der so genannten Car-T-Zelltherapie bewilligt – «zu einem reduzierten, vertraulichen Preis», wie es heisst. Solche neuen Krebstherapien kosten mehrere hunderttausend Franken – offiziell.
Für wieviel sie im vertraulichen Rahmen die Hand wechseln, bleibt geheim. «Der Tarifvertrag mit Verweis auf die vertraulichen Vergütungsvereinbarungen ermöglicht den Zugang zu den CAR-T-Zelltherapien zu einem rabattierten Preis», heisst es beim BAG. Mit anderen Worten: Ohne Geheimhaltungsvertrag hätte die Schweiz den Rabatt nicht erhalten.
Schweiz wird bei Rabatthändelei mitmachen müssen
Solche Preisvereinbarungen für neue patentgeschützte Therapien werden in den meisten Ländern Europas angewendet. In der Schweiz sind sie neu. Damit auch die Schweiz von den hohen Rabatten auf Medikamenten profitieren kann, wird sie sich künftig weiteren Geheimhaltungsforderungen der Pharmafirmen beugen müssen.
Auch Krankenkassen und Politiker fordern immer nachdrücklicher, dass die Schweiz bei der undurchsichtigen Rabatthändelei der Pharmafirmen mitmacht, damit man
hierzulande auch von tieferen Preisen profitieren kann. Über einen entsprechenden Vorstoss hat Medinside kürzlich hier berichtet.
Selbst der Kreis der Mitwisser ist vertraulich
Wer darf in Zukunft überhaupt noch wissen, wie viel die Krankenkassen den Pharmaherstellern zahlen? Das wollte Medinside beim BAG in Erfahrung bringen. Doch offenbar ist selbst das vertraulich. Die Antwort von BAG-Sprecher Grégoire Gogniat lautete geheimnisvoll: «Der Kreis der Personen, welche Kenntnis der Vergütungshöhe haben, wurde auf das zur Umsetzung notwendige und gesetzlich geforderte Minimum beschränkt.»