Oral-Sex mit Ex-Patient wurde Psychiaterin zum Verhängnis

Zuerst wollten die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) eine verurteilte Ärztin behalten. Doch plötzlich besannen sie sich anders.

, 16. August 2023 um 06:17
image
Bild: UPD
Bis vor kurzem waren die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) überzeugt davon, das Richtige zu tun: sie beschäftigten eine Ärztin mit Tätigkeitsverbot. Doch nun haben es sich die Verantwortlichen anders überlegt: Die gerichtlich verurteilte Assistenzärztin wurde entlassen.

Mitarbeiter wehren sich

Was zum Meinungsumschwung geführt hat, ist unklar. Jedenfalls sind laut einem Bericht der «Berner Zeitung» etliche Mitarbeitende nicht einverstanden mit der Entlassung. Die Gründe: Die Ärztin habe immer offen über ihre Verfehlungen informiert. Bei den UPD habe sie sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Und sie sei zuverlässig und kompetent gewesen.
Das war wohl auch der Grund, weshalb die Geschäftsleitung der UPD die Ärztin 2018 angestellt und trotz ihrer Verurteilung im Jahr 2021 weiterhin beschäftigt hatte.

18-Jährigen sexuell genötigt

Dieses Urteil ist allerdings nicht ganz irrelevant, denn die Ärztin hat einen damals 18-jährigen ehemaligen Patienten sexuell genötigt.
Und zwar betreute die Frau vor einigen Jahren einen Jugendlichen mit Autismus. Die damals gut 40-Jährige verliebte sich später, als der Patient gerade volljährig und nicht mehr von ihr behandelt wurde, in ihn und wollte eine sexuelle Beziehung mit ihm eingehen.

Zehnjähriges Verbot

Der junge Mann wollte das nicht. Trotzdem kam es zu Oralverkehr. Ausserdem belästigte sie den Mann ständig wieder mit E-Mails, SMS und Anrufen.
2019 wurde sie zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Und vor allem erhielt sie ein zehnjähriges Verbot jeglicher Tätigkeit mit Kontakt zu besonders schutzbedürftigen Erwachsenen. Weil die Ärztin das Urteil bis vor das Bundesgericht weiterzog, galt es erst seit 2021.

Unter enger Kontrolle

Zuerst kümmerte das die UPD und den Kanton Bern wenig: Sie wüssten davon, nahmen sie gegenüber der «Berner Zeitung» Stellung. Die Ärztin arbeitete zwar als Assistenzärztin in der Erwachsenen-Psychiatrie. Sie sei aber unter enger Kontrolle tätig und betreue keine besonders schutzbedürftigen Erwachsene.
Jetzt kam aber offenbar der Verwaltungsrat der UPD zum Schluss, dass eine solche Auslegung des Tätigkeitsverbots nicht haltbar sei. Man habe erst kürzlich umfassende Kenntnis von der Sachlage erhalten. Nach einer sorgfältigen Abwägung habe man die Anstellung «neu eingeschätzt», heisst es.
Die neue Einschätzung bedeutete für die Ärztin: sie wurde entlassen.
  • ärzte
  • universitäre psychiatrische dienste bern
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Darum ist der Kanton Uri für junge Ärzte interessant

Lange war Uri bei der Ärztedichte das Schlusslicht. Heute zieht es immer mehr junge Ärzte in den Innerschweizer Kanton - dank verschiedenen Förderinitiativen.

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.

image

Britischer Arzt wollte mit falscher Covid-Impfung morden

Ein Arzt ist zu mehr als 31 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er wollte den Partner seiner Mutter mit einer Gift-Injektion umbringen.

image

Bilden Sie sich mit aktuellem Wissen in der Suizidprävention weiter

Ziel des neuen CAS Suizidprävention am Departement Gesundheit der ZHAW ist es, Suizidgedanken frühzeitig zu erkennen und Interventionen einzuleiten. Teilnehmende lernen dies in interprofessioneller Weiterbildung mit Fachpersonen aus Gesundheits-, Bildungs- und Sozialberufen.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.